166 IV. Der Wertgedanke. Hl 4^ •{'»- Muß dem Dargelegten zufolge dem Gedanken des unpersönlichen Wertes gegenüber dem des persönlichen eine gewisse Prärogative zu- erkannt werden, so muß man sich doch vor der Übertreibung hüten^ die den persönlichen Wert überhaupt aus der werttheoi etischen Betrachtung^ ausschließt, indem ihm unter dem Eindruck der überragenden Bedeutung^ des unpersönlichen Wertes gelegentlich^ jeder Wertcharakter ganz und gar abgesprochen wird. Das ist das absolutistische Widerspiel zum wert- theoretischen Relativismus und verstößt nicht minder wie dieser gegen die Tatsachen, denen man, so lange man natürlich denkt und redet,, die Eigenart von Werttatsachen nicht absprechen kann, bei denen aber diese Eigenart gerade daran besonders deutlich wird, daß sie sich in so auffälliger Weise an Subjekte gebunden zeigen. Alles, was als Freude oder Leid in unser Leben eingeht, ist eben unsere Freude und unser Leid, insofern also persönlich. Manches davon mag ja dann bei genauerer Betrachtung seine Abhängigkeit von der Person abzustreifen imstande sein. Aber vieles, ja das allermeiste bleibt übrig, bei dem solches Ab- streifen wenigstens heute noch nicht gelingt, und noch viel mehr, bei dem der integrierende Anteil der Person schon jetzt ohne weiteres ersichtlich ist, ohne daß solche Einsicht dem Wertcharakter oder der Tatsächlichkeit oder auch nur der Wichtigkeit des so Gegebenen etwas abzutragen vermöchte. Demnach wäre es übertriebene Strenge, wollte man von jedem Werte verlangen, er müsse sich, um überhaupt als Wert anerkannt werden zu dürfen, als unpersönlicher Wert ausweisen. Jede Werthaltung legitimiert den Wert des Wertgehaltenen für den Werthaltenden, also den persönlichen Wert; jede Werthaltung ist insofern selbst legitim und kann nicht täuschen. Dagegen ist die Stellung der Werthaltung eine ganz andere, soweit es sich um unpersönlichen Wert handelt: hier ist Irrtum sehr wohl möglich, es gibt hier aber günstigen Falles auch eine Art Wahrheitsanspruches, dessen der persönliche Wert nicht fähig ist. Das liegt einfach darin begründet, "daß die Werthaltung für den unpersönlichen Wert Erfassungsmittel ist, für den persönlichen dagegen nicht. Betätigt sich im persönlichen Werte nichts als die Eignung des Wertobjektes, das Wertgefühl auf sich zu ziehen, so ist klar, daß diese Eignung durch das Gegebensein des Gefühles unter allen Umstanden legitimiert ist. Es gleicht dies einigermaßen dem Aspekt^, den ein Wahrnehmungsobjekt dem Wahrnehmenden darbietet, worin eine un- zweifelhafte Tatsache gegeben ist, mag der Aspekt Richtiges verraten oder Falsches. Erst die Verwendung des Aspektes als Grundlage für das Urteil führt hier den Richtigkeitsgesichtspunkt ein und dasselbe trägt sich zu, wenn das Wertgefühl als Präsentant fungiert und so die Grundlage für ein urteilendes Erfassen eines allfälligen unpersönlichen Wertes abgibt. Es ist damit nur neuerlich hervorgehoben, was zuvor unter dem Gesichtspunkte der Berechtigung herangezogen worden ist. 1 Vgl. z. B. W. Strich, „Das Wertproblem in der Philosophie der Gegenwart". 2 Vgl. „Über die Erfahrxmgsgrundlagen unseres Wissens", S. 35. >^t&mmmtim<»äi^^ ■mmm ' Si ii P i * > m!im^m -w ^^msm^mmmi § 7. Der unpersönliche Wert. 167 Es zeigt sich dabei, wie der unpersönliche Wert günstigen Falles eben doch wesentlich höheren Anforderungen gerecht wird^als der persönliche- einer vorgegebenen Werthaltung gegenüber kennt der unpersönliche Wert den Gegensatz von wahr und falsch, der dem persönlichen Werte unter den nämlichen Voraussetzungen unzugänglich bleibt Es hegt hierin beschlossen, daß die Lehre von den Wertirrtümern durch die Einbeziehung des unpersönlichen Wertes eine wesentliche Erweiterung erfährt. Hinsichtlich des persönlichen Wertes hatte ich schon vor Jahreni darauf hinzuweisen, daß der Unterschied von wahr und irrig nur an den intellektuellen Gefühlsvoraussetzungen angreifen könne das Gefühl selbst aber keine Fehler zu begehen imstande sei. Das läßt sich cum grano salis nun freilich auch auf den unpersönlichen Wert übertragen, aber es gilt am Ende nicht anders als das oft und in gewissem Sinne natürlich auch imm^r mit Recht wiederholte Dictum, daß Vorstellungen weder wahr noch falsch sein können. Das hindert bekanntlich die Vorstellungen durchaus nicht, je nach Umständen bald zu wahren, bald zu falschen Urteilen Anlaß und Grundlage abzugeben Die präsentierenden Emotionen aber verhalten sich in dieser Hinsicht ganz und gar vorstellungsartig. Es kann sich also ganz wohl zutragen, daß Werthaltungen Dignitative präsentieren, die den Voraussetzungen dieser Gefühle nicht zukommen, dann werden die auf solche Gefühle gegründeten Wertaspekte keine wahren Werte' verraten und insofern die betreffenden Werthaltungen schon ohne Rekurs auf allfällige rein intellektuelle Momente an ihnen als irrig zu bezeichnen sein. Auch wie dann Werte durch apriorische Gesetzmäßigkeiten aneinander gebunden sein können, ist ohne weiteres verständlich; das Verhältnis, der Gegen- gefuhle zu einander ohne Rücksicht auf störende dispositionelle Momente das Gesetz der Wertübertragung, das dem der Werthaltungsübertragung natürlich vö llig analog ist, bietet naheliegende Illustrationen hierfür. 1 „Psych, eth. Unters, z. Werttheorie", S. 76 ff. # '41 r-^^ I f-'J I*. K Bi J -.f'