mm 144 IV. Der Weitgedanke. § 7. Der unpersönliche Wert. Unter solchen Umständen ist es der oben gegebenen Bestimmung gegenüber in mehr als einer Hinsicht ein Gewinn, zu sagen: der persönliche Wert eines Objektes besteht in dessen Eignung, vermöge seiner Beschaffenheit und Position Gegenstand des Interesses an seinem Sein und Nichtsein seitens eines Subjektes zu sein. Daß man hier nicht etwa so formulieren dürfte : „Wert ist die Eigenschaft eines Objektes, vermöge deren dieses das in Rede stehende Interesse auf sich zieht", ist nach dem Obigen klar: das Interesse beruht eben nicht nur auf der Beschaffenheit, sondern auch auf der Position des Objektes. Nicht ohne Nutzen kann man nun, um das Wesen des persön- lichen Wertes zu kennzeichnen, auch den Gedanken der Bedeutung heranziehen, wie dies neuerlich wiederholt geschehen ist. Man muß dabei nur der ohne Zweifel bestehenden Gefahr begegnen, sich durch das Wort irreführen zu lassen. Im allgemeinen kann ja nämlich nichts klarer sein, als daß man nur dann von der „Bedeutung" einer Sache reden wird, wenn man den Bereich intellektuellen Erfassens in der Richtung des Emotionalen überschreitet. Dies wird aber nicht wenig durch die Ausnahme verdunkelt, die sich in dem besonderen Falle ein- stellt, daß von der „Bedeutung" sprachlicher Ausdrucksmittel, etwa der Wörter und Sätze gesprochen wird. Denn da fallen die Bedeutungen zusammen mit den Gegenständen der ausgedrückten Erlebnisse^ so daß ein Verlassen des Bereiches intellektueller Betrachtungsweise vorerst noch gar nicht geboten erscheint. Ob freilich durch solche Anwendung des Wortes „Bedeutung" nicht eben gerade das an sprachlichen Aus- drücken in besonderem Maße Bedeutsame herausgehoben sein und so das emotionale Moment am Ende auch da zur Geltung gelangen soll, wie sich andererseits solches „Bedeuten" etwa zum „Hindeuten" ver- hält, darüber ist natürlich nur die Sprachwissenschaft kompetent. Für unsere Zwecke genügt es auf alle Fälle^ „Bedeutungen" in diesem besonderen Sinne ausdrücklich auszuschließen. Nur ist freilich, was dann übrig bleibt, trotz seiner Beschränkung auf das emotionale Gebiet für unsere Zwecke insofern immer noch zu allgemein, als man ganz wohl auch von einer theoretischen oder einer ästhetischen „Bedeutung" reden mag, so daß in das Anwendungsgebiet des Wortes außer den Wert- gefühlen auch die ästhetischen, logischen, ja wohl selbst die hedonischen Gefühle einbezogen erscheinen. Wirklich kann auch, wer das Wort ,Wert" weit genug verstehen will, nach dem Vorgange J. Kl. Kreibigs^ den Wert als „Gefühlsbedeutung" definieren. Es ist indes bereits darauf hingewiesen worden, warum es sich, ohne dem erweiterten Wert- begriflfe jede Berechtigung abzusprechen, doch empfiehlt, im gegen- wärtigen Zusammenhange den engeren Wertbegriff festzulegen. Dazu ist natürlich eine Einschränkung des Bedeutungsbegriffes erforderlich, die aber leicht genug dem Umstände zu entnehmen ist, daß es das Sein und Nichtsein der Objekte ist, dem wir die Wertbetrachtung in so charak- 145 1 Vgl. „Über Annahmen" 2, S. 25. 3 „Psychologische Grundlegung eines Systems der Werttheorie", Wien 1902. tenstischer Weise zugewendet gefunden haben. Charakterisiert man also die einem Objekte vermöge seines Seins, respektive Nichtseins zu- kommende Bedeutung etwa durch den Ausdruck „Seinsbedeutung' so kann man auch wohl sagen: der persönliche Wert eines Objektes ist die (hesem nach Beschaffenheit und Position zukommende Se nsbedeu- tung für em Subjekt. W M. Urbans Bestimmung des Wertes als „affektiv- vohtionale Bedeutung«' steht einer solchen Aufstellung ziemlich nahl abgeTehen Tstf '" '"' ''"^ "'"''" """^^""^ ''' Wertbegriffes § 7. Der unpersönliche Wert.['8j Pl^i^ loimgehenien durchgeführten Untersuchungen haben die ausdrückliche Voraussetzung gemacht«, daß der Wert, in dessen Eigen- art es emen Einblick zu gewinnen galt, der persönliche Wert sei ' Es ' ist nun an der Zeit, die Frage aufzuwerfen, ob, diese Voraussetzung zu machen, selbst schon im Wesen des Wertes begründet sei Wir gelangen damit zu einem Thema, dem ich bereits an anderem' Orte« naher zu kommen versucht habe. Auf die dort gewonnenen Ergebnisse muß hier zuruckgegnffen werden, um in betreff der uns jetzt beschäftigen- den Fragestellung zu einem natürlichen Abschlüsse zu gelangen Da es uns mcht um die Herstellung einer willkürlichen Definition des Wertes, sondern um die Beschreibung der im Werte sich dar- bietenden Tatsächlichkeiten zu tun ist, hierzu aber zunächst möglichst getreues Pesthalten des der wissenschaftlichen Bearbeitung vorgegebenen Wertgedankens erforderlich erschien, verdient vor allem konstatiert zu werden, daß diesem Gedanken die Bezugnahme auf ein Subjekt doch nicht wohl obligatorisch sein kann. Gold, Edelsteine und andere „Kost- barkeiten haben für den werttheoretisch Naiven ihren oft sehr geheimnisvoll genommenen, Wert in sich. Sie haben dann freilich auch Wert speziell für den Eigentümer oder Besitzer : das ist dann aber in der Meinung unseres Naiven nur eine Art abgeleiteten Wertes, abgeleitet von jenem inneren Werte, den man solchen Dingen vermöge ihrer besonderen Natur zuschreibt. Solche Betrachtungsweise muß sich dann freilich auf ökonomischem Gebiete recht weitgehende Richtigstellungen gefallen lassen. Diese betreffen am Ende aber doch nur die Anwendung unseres Wertgedankens, nicht diesen selbst, und auch in betreff der Anwendung stellen sich die Dinge wesentlich anders, wo es sich um den Wert des Wahren, Schönen und (ethisch) Guten handelt. Durchaus auf gleicher Linie freilich rangieren die Glieder dieser altehrwürdigen Tnas nicht. Wahres und Schönes leitet seinen Wert davon ab wahr respektive schön zu sein, indes der Wert des Guten direkt dadurch ausgemacht wird, daß es gut ist.» Darin aber zeigt sich volle Überein- » Vgl. „Valnation", S. 26. ' Vgl. a. a. 0., S. 31 ff. ä Vgl. oben S. 12. * J«'- »Über emotionale Präsentation", § 13. * Vgl. „Über emotionale Präsentation" [§ 11, § 15] [89], Meinong, Zur Grundlegung der allg. Werttheorie. 10 "».