126 IV. Der Wertgedsnke. H 14- I ««• ■ hl i" '• ■*, r ■1 Vorhandensein des Gewichtes auch Bedingung der Möglichkeit des Gehens. Für die Praxis wird damit in der Tat kein nennenswerter Fehler begangen sein ; die Theorie der Möglichkeit jedoch kann nicht zugeben, daß ein Gegenstand durch Determination eine Möglichkeit gewinne, die ihm ohne diese Determination fehlt. Ist der Gegenstand „Uhr mit Gewicht" Träger einer Möglichkeit, dann kann der Gegenstand alJhr" ohne diese Determination nicht wohl derselben Möglichkeit ent- raten. Man wendet vielleicht ein : daß die Uhr ohne Gewicht nicht gehen könne, stehe doch außer Zweifel; damit* sei die eben in Anspruch genommene Gleichgültigkeit der Möglichkeit gegenüber dem Übergang vom vollständigeren zum unvollständigeren Gegenstande widerlegt. Aber in Wahrheit ist, „ohne Gewicht zu sein* nicht der Mangel an einer Bestimmung, sondern selbst eine, wenn auch eine negative Bestimmung. Man hat es also streng genommen mit dreierlei (unvollständigen) Gegen- ständen zu tun, den Gegenständen „Uhr", „Uhr mit Gewicht* und „Uhr ohne Gewicht". Dem letzten dieser Gegenstände fehlt die Möglichkeit, zu gehen; der „Uhr mit Gewicht" kommt sie allerdings zu; aber dem Gegenstand „Uhr* kurzweg, obwohl oder eigentlich, weil er unvoll- ständiger ist als die beiden anderen, kommt diese Möglichkeit ebenfalls zu, zunächst sofern vom Träger der Möglichkeit die Rede ist. Wird dann vom Träger zu einer konkreten Uhr als Repräsentanten^ der Möglich- keit übergegangen, so ist natürlich auch ihr „als Uhr" in derselben Weise eine „angewandte Möglichkeit*^ zuzusprechen. In keinem Falle ist also das Vorhandensein des Gewichtes Bedingung dafür, daß dem Gegenstande „Uhr" ohne weitere Bestimmung die Möglichkeit, zu gehen, zukommt. Und in gleicher Weise ist auch die Möglichkeit eines Objektes, Gegen- stand eines Werterlebnisses zu sein, in keiner Weise von der Existenz eines Subjektes abhängig, eben darum aber durch diese Existenz auch nicht zeitlich beschränkt. Zeigt sieh nun aber ferner im Gegensatze zu solcher Möglichkeit der Wert, soweit er persönlicher Wert ist, oft in ganz unverkennbarer Weise an die Existenz eines Subjektes gebunden, so wird es nun besonders klar sein, daß hierzu der Potentialwertbegriff in seiner Rein- heit nicht ausreicht, daß er vielmehr durch Aufnahme aktueller Momente ergänzt werden muß, zunächst mindestens eines Momentes, in dem das Subjekt des im Hinblick auf dieses persönlich genannten Wertes zu seinem Rechte kommt, [^ß] In welcher Weise wird nun aber etwas derartiges in den zu bildenden Wertbegriff aufzunehmen sein? § 2. Aktualisierung. Thetische und athetische Prädikationen. Die Antwort ist unschwer zu finden, wenn man eine Eigentümlich- keit mancher Prädikationen in Betracht zieht, auf die ich bereits in anderem Zusammenhange^ vorübergehend hingewiesen habe. Wird einem ^ Über den Begriff des Repräsentanten einer Möglichkeit vgl. „Über Mög- Uchkeit nnd Wahrscheinlichkeit", S. 229. 2 Vgl. a. a. 0., S. 225. 8 Vgl „Über Möglichkeit nnd Wahrscheinlichkeit", S, 533 ff. § 2. Aktnalisiemng. Thetische und athetische Prädikationen. 127 Gegenstande A ein Prädikativ^ B zu-, respektive abgesprochen, so kann es fürs erste selbstverständlich scheinen, daß man es da ausschließlich mit Angelegenheiten des Soseins zu tun hat. Wirklich wird es damit nicht anders bewandt sein, wenn man zum Beispiel dem gleichseitigen Dreiecke die Gleichwinkligkeit nachsagt. Das scheint gat se b^^ v^^^^^ m1 ^. ^^'-^'l.?''^^"'^^ '^ integrierendes Bestandstück am Material des Soseinsobjektivs ausmacht. Um so auffallender ist die Tat- Sache, daß es nun doch auch Prädikationen gibt, bei denen dem Sein Zri ''..^''..^T^?f "''°" ^^°^ charakteristische Rolle zufällt! Handelt es sich namhch bei der Prädikation um eine Relation zwischen als^ If^^f'^^.^'l^^^^^ und einem.anderen Gegenstande, ist also das Prädikativ ein Relativum, dann kann das Sein jenes anderen Gegenstandes ganz wohl in den Sinn der Prädikation mit aufgenommen Gpr^-niL r/ ''' ^^ Kausalbehauptungen: von gewissen leisen Gerauschempfindungen konnte man während des Novembers 1916 in vif! '^f °' 1 1^ r'^"" ^"''^ Kanonenschüsse auf dem italienischen Kriegsschauplatze hervorgerufen worden. Dabei war, Wirkung zu sein gewiß zunächst Sache des Soseins; aber die Wirklichkeit der betreffenden Kanonenschusse gehört sicher integrierend zum Sinn einer solchen Behauptung. Noch näher steht es unseren gegenwärtigen Interessen, wenn man jemanden als Nachbar, als Zeitgenossen, als Vereinsmitglied, Amtsvorstand bezeichnet, ihm Macht, Einfluß zuschreibt und dergleichen Napoleon hatte auf St. Helena keine Macht, obwohl ihm, für sich allein betrachtet, Autorität daselbst sicher nicht weniger eigen war als vorher m Fans. Das laßt erkennen, wie im Gedanken der Macht nicht nur eme Eigenschaft des als mächtig Bezeichneten enthalten ist. sondern der Gedanke an die Existenz von Menschen mitspielt, an denen diese Macht zu rage tritt. Auch Zeitgenosse ist man nur, wenn zur nämlichen Zeit noch jemand anderer lebt; ebenso ist man Amtsvorstand nur, wenn auch em Amt da ist, dem man vorsteht, und so fort. Allgemein also : es gibt Pradikationen, die unbeschadet des darin zunächst zur Geltung kommenden Sosems doch auch ganz wesentlich ein Sein in sich schließen. Man konnte sie vielleicht thetische Prädikationen nennen und ihnen diejenigen bei denen em Dasein oder sonst ein Sein unbeteiligt ist, als athetische gegenüberstellen. Es braucht kaum bemerkt zu werden, daß unter den Gesichtspunkt des Athetischen nicht etwa bloß völlig daseinsfreie Auf- stellungen wie etwa die der Mathematik, sondern nicht minder Urteile emzdbeziehen sind, wo es sich zwar um daseiende Subjekte handelt, die Pradikation aber über Soseinsbestimmungen an diesem Daseienden nicüt auch noch zu einem anderen Existierenden hinausgeht. Das hier Ausgeführte auf den Wert anzuwenden, erscheint durch den Umstand nahegelegt, daß man es ja auch bei diesem, soweit er persönlicher Wert ist, mit etwas Relativem, nämlich zur Person des Wertsubjektes Relativem, zu tun hat. Aber ausgeschlossen ist am Ende auch eine th etische Prädikation nicht, die sozusagen jenseits der Rela- 1 A. a. 0., S. 127. '■fl 4 « ! # i %