■J ., 120 m. Weiteres zur Wertpsychologie. I -' Fl 14 4 haltung andererseits noch ein zum Zustandekommen des Werterlebnisses unerläßliches weiteres Voraussetzungserlebnis einschiebt, zur Haupt- voraussetzung also eine Nebenvoraussetzung hinzutritt, so muß nun noch konstatiert werden, daß diese Nebenvoraussetzung nicht nur in der Gestalt des Urteils „0 hat Wert« auftreten kann. Es war im voran- gehenden wiederholt von der Werthaltung des warmen Ofens die Rede, die auf die lustvolle Temperaturempfindung gegründet ist, die er im' Winter erweckt. Hier tritt als Nebenvoraussetzung, wenn man sich mit einigermaßen schematischer Andeutung zufrieden gibt, das Urteil auf: ,0 erweckt Lust". Die Lust kann dabei zur Zeit des Werthaltens ganz wohl aktuell vorhanden sein und der Werthaltung sogar besondere Leb- haftigkeit verleihen, aber auf das intellektuelle Erfassen der Lust wird wohl in keinem Falle zu verzichten sein, wo neben der Lust noch von emem Wertgefühl soll geredet werden dürfen ;i man hat es hier also durchaus mit einem Seitenstück zu dem Urteile „O hat Wert" zu tun. Die Lust oder natürlich auch Unlust, auf die solch ein Nebenurteil sich bezieht, braucht, wie kaum bemerkt zu werden erforderlich ist, nicht etwa eine sinnliche zu sein. Der Wert, den man einem Kunstwerke beimißt, geht in ganz natürlicher Weise auf das Gefühl des Gefallens zurück, das das Kunstwerk erregt, wobei man nur, obwohl es oft genug geschieht, das so zustandekommende Wertgefühl nicht selbst für das ästhetische Gefühl nehmen darf und ebenso wenig umgekehrt. In gleicher Weise pflegt man ein Buch um des Interesses willen wertzuhalten, das sem Inhalt wachruft, indes der vierte Analogiefall, vermöge dessen an Stelle des sinnlichen, ästhetischen oder Wissensgefühles nun auch ein Wertgefühl treten kann (so daß das Nebenurteil etwa die Form erhält : „O wird wertgehalten", oder „kann wertgehalten werden" oder der- gleichen), wieder auf die im vorigen Paragraphen betrachteten Fälle von Werthaltungsvermittlung zurückführt oder wohl auch die Werthaltung, die analogerweise vermöge dieser Nebenvoraussetzung zu resultieren hatte, bereits vorwegnimmt. Auf alle Fälle ist also keine der Gefühls- klassen aus dem Bereiche dessen auszuschließen, was an Gefühlen intellektuell herangezogen werden kann, um zu einer Nebenvoraus- setzung für Werthaltungen zu führen. Von Übertragung kann aber natür- lich auch bei solchen Vermittlungen nicht die Rede sein, wenn wir nach wie vor den Ausdruck , Übertragung" dem Übergang von einem Wert- tatbestand auf einen anderen vorbehalten. Dagegen ist in den hier maßgebenden Nebenvoraussetzungen ebenso- wemg wie bei den für die Werthaltungsübertragung maßgebenden das emotionale Gebiet hinsichtlich dessen, worüber da geurteilt wird, ver- lassen. Das verdient zunächst Beachtung mit Rücksicht auf Vermittlungen, bei denen die Nebenvoraussetzung in das emotionale Gebiet nicht mehr hereinreicht, indem da normaler Weise überhaupt nicht von Erlebnissen sondern von Momenten am wertzuhaltenden Objekte selbst die Rede ist! Ich lege auf mein Taschenmesser Wert, weü es scharf ist, oder allgemein: 1 Vgl. A. Messer, „Psychologie", Stuttgart n. Berlin 1914, S. 308. § 5. Pathogene Werthaltungen. Unvermittelte Werthaltungen. 12 1 ich lege auf das Objekt 0' Wert, weil es ein gewisses Moment 0" an sich hat. Das kann natürlich leicht ein Fall der bereits behandelten Werthaltungsübertragung sein, falls damit nicht von vornherein nur gemeint ist, daß 0' eine Hüllenbestimmung, 0" dagegen eine Kern- bestimmung darstellt. Sehe ich aber recht, so gibt es doch auch noch den dritten Fall, daß 0' wirklich das Objekt der resultierenden Wert- haltung ausmacht, diese aber doch nicht auf eine besondere Werthaltung des 0" und auf die Erkenntnis dieser Werthaltung als Voraussetzung gegründet ist. Immerhin verrät die Umständlichkeit und Unsicherheit der Darlegung, daß man es hier offenbar mit der am wenigsten wichtigen Klasse von Werthaltungsvermittlungen zu tun hat. Dagegen hat man, wie sich sogleich zeigen wird, sehr guten Grund, die Vermittlungen, bei deren Nebenvoraussetzungen es in der angegebenen Weise emotional zugeht, in ihrer Eigenartigkeit festzuhalten. Ich versuche dies durch besondere Benennung zu tun, indem ich Vermittlungen dieser Art als pathogene Werthaltungsvermittlungen den sich rein intellektuell charak- terisierenden als apathogenen Werthaltungen gegenüberstelle. Was nun nämlich dem Pathogenen seine Wichtigkeit verleiht, das ist sein Gegensatz zum Apathogenen nicht innerhalb, sondern außerhalb des Gebietes der Werthaltungsvermittlung. Hier ist nämlich der Ort, nochmals besonders nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß uns bereit» an verschiedenen Stellen der vorangegangenen Untersuchungen, ins- besondere auch bei der Erwägung des Gedankens der doppelten Stellung- nahme* Werthaltungen begegnet sind, die außer der Gegenstaudsvoraus- setzung nichts mehr aufweisen, was auf die Funktion einer Voraussetzung Anspruch erheben könnte, so daß man da eben nur von unvermittelten Werthaltungen reden darf. Die Unvermitteltheit besteht natürlich auch durchaus zu Recht, wenn die betreffende Werthaltung durch Ableitung^ aus ursprünglich vermittelten Werthaltungen hervorgegangen sein sollte ; ihre Entstehungsgeschichte kann ja an der Tatsache nichts ändern, daß gegenwärtig zwischen Gegenstandsvoraussetzung und Werthaltung nichts Vermittelndes inmitten liegt. Unvermittelte Werthaltungen: wie immer sie sonst beschaffen sein mögen, treten dann mit den bloß intellektuell vermittelten zwanglos unter den Gesichtspunkt der apathogenen Wert- haltungen zusammen, solcher Werthaltungeu also, denen als emotional letzten Tatbeständen eine sehr markante Stellung zukommt. Ganz deutlich ist dabei der Ausdruck „apathogen" leider nicht, indem er geradezu auf die „Genesis" hinzuweisen scheinen könnte, so daß dann abgeleitete Werthaltungeu, da sie eben aus anderen Werthaltungen herrühren, gerade als „pathogen" bezeichnet werden müßten, was bei der Konzeption des Terminus nicht intentioniert ist. Will man indes in dieser Hinsicht besonders genau sein, so kann man etwa „essentiell Apathogenes" von „temporär Apathogenem" unterscheiden: essentiell apathogen können dann eben nur ursprüngliche Werthaltungen, die emotional unvermittelt 1 Vgl. oben S. 74. 2 Vgl. oben S. 101.