116 III. Weiteres zar Wertpsychologie. i .'j 4 ■ I lf.4 'ili Ir. nalen Präsentation Gebrauch zu machen, den ich bereits an anderem Orte* exponiert habe und auf den ich auch noch im Fortgange der gegenwärtigen Untersuchungen eingehend genug zurückkommen muß um hier auf eine nähere Darlegung verzichten zu können. Dagegen muß ich schon hier eine Gegensätzlichkeit begrifflich formulieren, die speziell das Erfassen mittels Partialpräsentation^ zum einen Gliede hat. Ich kann eine gewisse Farbe erfassen, indem ich sie empfinde : der Empfindungs- gegenstand ist mir hier durch Partialpräsentation gegeben. Ich kann die Farbe aber auch erfassen als dasjenige, was mein Empfindun^s- erlebnis wachruft: das Erlebnis funktioniert hier totalpräsentierend. Der erste Fall ist ein Tatbestand direkten, der zweite einer indirekten Er- fassens^, wobei beachtenswert bleibt, daß solch indirektes Erfassen an sich durchaus nicht auf ein Erlebnis als Beziehungspunkt angewiesen zu sein braucht. Um so mehr verdient der Fall, wo sich das indirekte Erfassen eines Erlebnisses bedient, das durch Partialpräsentation für das direkte Erfassen des betreffenden Gegenstandes aufzukommen im- stande wäre, begrifflich und terminologisch ausgezeichnet zu werden. Ich will ein solches Erfassen, bei dem man hinter das sich als nächst- liegender Präsentant (genauer Partial Präsentant) zur Verfügung stellende Erlebnis auf dessen Voraussetzung (in der Regel wohl dessen Ursache) gleichsam zurückweicht, als „rezessive" Betrachtungsweise bezeichnen und ihr im Bedarfsfalle die direkte auch als „irrezessive" gegenüber- stellen. Erfasse ich, um auf mein altes Paradigma zurückzukommen, das „schön" in „der Himmel ist schön" analog wie normaler Weise „blau" in „der Himmel ist blau", so liegt irrezessive Betrachtungsweise vor; rezessive dagegen, wenn ich den Sinn des Wortes „schön" erfasse etwa als die Eignung, in mir das Gefühl des Wohlgefallens zu erregen. Daß auch das Wertprädikat in „0 hat Wert" in analoger Weise rezessiv oder irrezessiv erfaßt werden kann, ist ohne weiteres einleuchtend. Dies vorausgesetzt, versteht sich natürlich, daß beim rezessiven Erfassen die ausdrückliche Einbeziehung des erfassenden Subjektes ganz anders nahegelegt ist, als beim irrezessiven. Erfasse ich irrezessiv „0 hat Wert" und glaube ich daran, dann ist das hierdurch vermittelte Werthalten des seitens des urteilenden Subjektes nahezu selbstver- ständlich. Erfasse ich dagegen den Wert des rezessiv, so macht sich eine Unbestimmtheit hinsichtlich des erfassenden Subjektes sofort als Mangel fühlbar, und nur, wenn ich selbst als Träger des Werthaltungs- erlebnisses fungiere, ist der Übergang zur vermittelten Werthaltung des ebenso selbstverständlich wie beim irrezessiven Erfassen. Ich kann aber auch betrachten als etwas, das nicht in mir, sondern in diesem oder jenem anderen ein Wertgefühl wachruft. Ist dann in gleicher Weise selbstverständlich oder wenigstens erweislich, daß auch von mir wertgehalten wird oder doch vernünftigerweise wertgehalten werden sollte? :*i 1 In „Über emotionale Präsentation", S. 26 ff. 2 Vgl. „Über emotionale Präsentation", S. 27 fP. 3 Über diesen Gegensatz vgl. „Über Annahmen", 2. AufL, S. 284. .^.«4lU-_».. § 4. Übertragung und Vermittlung bei Werthaltungen. 117 Daß eine solche Werthaltung seitens des Ego allemal tatsächlich vorkäme, widerspricht allzusehr der direkten Erfahrung, als daß man sich dabei aufzuhalten brauchte. Auf eine im Sinne der Vernünftigkeit anzusprechende objektive Berechtigung wäre dagegen sehr wohl Bedacht zu nehmen, wenn die Werthaltung des Alter als auf unpersönlichen Wert^ gegründet angesehen werden dürfte. Was unpersönlichen Wert hat, hat eben zugleich persönlichen Wert für jedes beliebige Subjekt. Aber, zunächst äußerlich besehen, ist die Quasi-Übertragung bei Wert- haltungen, die uns jetzt beschäftigt, tatsächlich sicher nicht an die der theoretischen Sicherung noch so sehr bedürftige Unpersönlichkeit der Werte geknüpft und ist es auch wohl nicht einmal ethisch^. Aber das Verhältnis der Quasiübertragung wäre dadurch auch innerlich nicht richtig gekennzeichnet. Was der Alter werthält, hält der Ego nicht deshalb wert, weil der Alter mit seiner Werthaltung recht hat, sondern weil der Umstand, daß er das werthält, dem Ego das wert macht, ganz ohne Rücksicht auf das für den Alter etwa maßgebende Warum! So stellt sich diese Quasiübertragung als ein Tatbestand dar, der keines- wegs allemal eintritt, vielmehr einer besonderen Disposition im Subjekte zu bedürfen scheint, die auch fehlen kann^ und ein wesentliches Moment in der ethischen Schätzung einer Persönlichkeit ausmacht. Wenn ich aber gemeint habe, diese Quasiübertragung oben auch als Subjektübertragung der Objektübertragung entgegensetzen zu dürfen, so muß nun noch ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß diese Entgegensetzung doch nur in ziemlich äußerlichem Sinne zutrifft. Von außen besehen ist es ja ohne Zweifel richtig, daß das für den Ego Werthaltungsobjekt wird erst gleichsam durch den Alter hindurch, so daß dieser füglich als näheres Wertsubjekt bezeichnet werden kann gegenüber dem Ego als dem entfernteren Wertsubjekt. Genauere Betrachtung aber darf keinesfalls verkennen, daß der ganze Vorgang sich auch hier auf dem Objektgebiete abspielt und da nicht wohl als Übertragung charakterisiert werden kann. Der Ego hält nämlich das wert, weil es die Eigenschaft hat, Werthaltungsobjekt für den Alter zu sein. Das ist eine genau ebenso objektive Bestimmung als etwa die, Ursache des P zu sein. Während aber zur eigentlichen Wertübertragung von P auf noch erforderlich ist, daß P seinerseits wertgehalten wird, kann man in unserem gegenwärtigen Falle nicht sagen, vom Ego werde die Tatsache wertgehalten, daß der Alter das werthält und deshalb halte nun auch der Ego das wert. Dem Schema „0 steht in Relation zu P, P wird wertgehalten" könnte man immerhin unseren Fall zu akkomodieren versuchen etwa in der Form: „0 steht in der Relation R (diese wäre diesmal Identität) zu 0, wird (vom Alter) wert- gehalten". Aber was im Alter vorgeht, kann unter den hier vorliegenden ^ Vgl. „Über emotionale Präsentation", § 13, auch unten IV, § 7. 2 Vgl. „Ethische Bausteine" [eine unvollendet nachgelassene Arbeit]. 3 Vgl. A. Oelzelt-Newin, „Über sittliche Dispositionen", Graz 1892, S. 47 f., auch B. Groethuy sen, „Das Mitgefühl", Zeitschr. f. Psycjiol., Bd. XXXIV, 1904, S. 183, 253. 1*1