112 IIL Weiteres zur Wertpsychologie. i :p 4: 1 j t -^ wegen der darin zutage tretenden Sinnesschärfe, überträgt also an- scheinend von der Bedingung auf das Bedingte. Aber hier sagt ziemlich direkte Empirie sofort, daß das, worauf es dem Jäger ankommt, eigentlich darin liegt, daß der Anblick geeignet ist, den Jäger selbst und vielleicht noch mehr andere von seiner Sinnesschärfe zu über- zeugen. Hier tritt also das Urteilen, näher das Erkennen als wesent- liches Moment hinzu. Das Erfassen eines Gegenstandes setzt aber den Gegenstand als natüriiches (nich't Tatsächlichkeits-, wohl aber Möglich- keits-) Implikans voraus. Im Sinne unserer Hauptgesetzmäßigkeit über- trägt sich also die Werthaltung vom Erfassen aufs Erfaßte, vom Wissen um den Anblick auf den Anblick selbst, falls jenes Wissen wertgehalten wird. Das Wissen um den Anblick führt aber auf das Wissen um die Sinnesschärfe und wird dieses, gleichviel aus welchem Grunde, wert- gehalten, so überträgt sich von da die Werthaltung nach unserem Hauptgesetze auf das Wissen um den Anblick und von diesem auf den Anblick selbst.[28] So geht hier die Werthaltungsübertragung in der Tat teilweise statt an den Objekten und Objektiven an den diese betreffenden Erkenntnissen vor sich. Dennoch war die obige Berufung auf „Erkenntnis- gründe" mehr kurz als genau, sofern der Erkenntnisgrund streng genommen nie selbst eine Erkenntnis, sondern immer noch wie jeder „Grund" ein Objektiv (im Grenzfalle vielleicht auch ein Objekt) von gewissen Erkenntnisfujiktionen ist. Zum Schlüsse dieser Ausführungen über das Übertragungsgesetz sei versucht, unser Gesetz auch noch in Bezug auf die im Lust-, respektive Unlustcharakter hervortretende Qualität der resultierenden Werthaltungen zu präzisieren. Man könnte in dieser Hinsicht eine ziemlich weitgehende Komplikation erwarten, weil an den Tatsachen, die uns hier beschäftigen, das qualitative Moment bereits in dreieriei Gegensätzlichkeiten vorgegeben ist. Werthaltuugen sind, wie wir wissen, entweder von Lust- oder von Unlustqualität, sie sind eben Freude- oder Leidgefühle. Als Urteilsgefühle haben sie entweder Affirmationen oder Negationen zu psychologischen Hauptvoraussetzungen. Bei Werthaltungs- übertragungen aber kommt diese „Urteilsqualität« zweimal, nämlich am Implikans und am Implikatum zur Geltung. Die Bedeutung dieser drei Qualitäten für die Qualität, das heißt für den Lust-, respektive Unlustcharakter der Übertragungswerthaltung ist das, um dessen Fest- stellung es sich jetzt handelt. Inzwischen stellt sich die Beantwortung einfach genug dar, wenn man Stammwerthaltung und Übertragungs- werthaltung gleichsam aneinander hält: man hat dann nämlich nichts weiter als Übereinstimmung in den Vorzeichen zu konstatieren. Halten wir uns einfach an unser Hauptgesetz, demzufolge die Werthaltungs- übertragung den Weg vom Implikatum zum Implikans nimmt, so leuchtet ohne Weiteres ein, daß das Implikatum nur von dem gleichsam mit- teilen kann, was es hat, mag das nun Freude oder Leid sein, daß es aber^ nichts verschlägt, ob es Seins- oder Nichtseinsfreude, respektive -Leid ist und ob der Tatbestand, dem die Übertragung gilt, ein Seins- oder ein Nichtseinstatbestand ist. § 4. Übertragung und Vermittlung bei Werthaltungen. 113 Etwas komplizierter, aber auch dann nicht sonderiich verwickelt stellt sich die Sache, wenn man die gesetzmäßige Beziehung statt bloß auf die Objektive auf die in ihnen enthaltenen Objekte als Werthaltungs- objekte bezieht, indem man diese in der uns bekannten Weise als Güter, respektive Übel betrachtet und die Frage erhebt, unter welchen Umständen die Übertragung von diesen auf sozusagen neue Güter, wann auf neue Übel führt. Es ist dabei uneriäßlich, die Qualität der in die Iraplikationsrelation eingehenden Objektive ausdrücklich in Betracht zu ziehen. Da Implikans wie Implikatum ebensowohl positiv wie negativ sein kann, so ergibt das vier Fälle, die sich wieder in zwei Klassen zusammenordnen, die man in ohne weiteres verständlicher Weise als Gleichnamigkeitsimplikationen (positives Implikans und positives Impli- katum, negatives Implikans und negatives Implikatum) und als Un- gleichnamigkeitsiraplikationen (positives Implikans und negatives Impli- katum, negatives Implikans und positives Implikatum) bezeichnen kann. Nun ist die Situation auch hier unschwer zu übersehen. Impliziert das Sein eines das Sein eines Gutes P, dessen Werthaltung dann den Charakter der Seinsfreude hat, dann ist selbst ein Gut; impliziert sein Sein das Nichtsein des Gutes P, was mit Nichtseinsleid verbunden ist, so erweist sich als Übel. Impliziert das Nichtsein des das Sein des nämlichen Gutes P, was wieder mit Seinsfreude verknüpft ist, so betätigt sich als Übel; impliziert das Nichtsein des das Nichtsein des P, was natürlich Nichtseinsleid mit sich führt, so hat wieder den Charakter des Gutes. Die analoge Anwendung auf die übrigen Fälle ist nun leicht und auch der Gesichtspunkt, unter dem die vorliegende Mannigfaltigkeit sich zusammenfassen läßt, bietet sich nun von selbst dar. Man kann einfach sagen : bei Gleichnamigkeits- implikation ist auch Stamm- und Übertragungswerthaltungsobjekt gleich- namig, indem die Übertragung von Gütern auf Güter, von Übeln auf Übel führt, bei Uugleichnamigkeitsimplikation findet auch zwischen Stamm- und Übertragungswerthaltungsobjekt Ungleichnamigkeit statt, mdem die Übertragung von Gütern Übel, von Übeln Güter ergibt.p»] Was wir im vorangehenden als „übertragene Werthaltungen« den „unübertragenen" oder „Eigenwerthaltungen" haben gegenüber^ stellen müssen, ist dadurch charakterisiert, daß dabei neben der psycho- logischen Gegenstandsvoraussetzung, die wir .Hauptvoraussetzung" nennen konnten, noch „Neben Voraussetzungen" zur Geltung kommen, unter denen wir namentlich das Übertragungsurteil und das Übertragungs- supplement hervorzuheben hatten. Nun lehrt die Erfahrung, daß es noch andere Werthaltungen gibt, bei denen die Gegenstandsvoraussetzung ebenfalls nicht die einzige Voraussetzung ausmacht, die sich aber von den übertragenen Werthaltungen dadurch charakteristisch unterscheiden, daß nicht zwei Werthaltungsobjekte daran beteiligt sind, sondern nur eines, demgemäß natürlich sowohl eine Übertragungsrelation als ein diese erfassendes Übertragungsurteil fehlt, so daß, was zur Hauptvor- aiissetzung noch hinzukommt, nur den Charakter dessen aufweist, was wir oben das Werthaltungssupplement genannt haben. Läßt sich der Meinong, Zur Grundlegung der allg. Werttheorie. 8