^6 III. Weiteres zur Wertpsychologie. ^vielleicht geradezu Fundierungen^ anzutreffen sein könnten, sofern die zusammentreffenden Vorzeichen das Ergebnis, ob Gut oder Übel, Glück oder Unglück mit Notwendigkeit zu bestimmen scheinen. Vielleicht mag man also, wenigstens vorläufig, Gut und Glück, respektive deren Gegen- teile unter dem Gesichtspunkte intellektuell-emotionaler Fundierungs- gegenstände festhalten, näher also entweder als fundierte Objekte, oder als fundierte Objektive, die sich im Gleichnamigkeitsfalle als Gut, respek- tive Glück, im Ungleichnamigkeitsfalle als Übel, respektive Unglück darstellen. Verweilen wir nun wieder ausschließlich beim Gegensatze von Olück und Unglück, so muß nun noch auf Gesichtspunkte hingewiesen werden, unter denen das Wesentliche dieses Gegensatzes im bisher Dargelegten doch immer noch nicht ausreichend zur Geltung kommt. In dieser Hinsicht soll nicht dabei verweilt werden, daß der Bedeutung des Wortes „Glück" nicht selten eine gewisse Zufälligkeit anzuhaften scheint, vermöge deren, übrigens der Etymologie ganz gemäß, etwas wie ein „Gelingen* gemeint wird. Man sagt „Glücksspiele" statt „Zufalls- spiele" und auch Redensarten wie „mehr Glück als Verstand" belegen dies. Da man aber andererseits doch auch „seines Glückes Schmied* sein kann, so wird auf eine derartige Differentiation doch kaum sonderlicher Nachdruck zu legen sein. Umsomehr verdient es Beachtung, daß man von Glück und Unglück nicht nur im Hinblick auf Wert- haltungen redet, sondern auch im Hinblick auf andere Gefühle, respektive deren Gegenstände. Hunger oder Durst kann, je nachdem er befriedigt wird oder nicht, zur Quelle von Glück oder Unglück werden, auch wenn Werthaltungen dabei keine merkliche Rolle spielen. Und daß man im Kunstgenuß sein Glück finden, in geschmackloser Umgebung sich unglücklich fühlen kann, ist ja ebenfalls außer Zweifel, vom Glück und Unglück nicht zu reden, das der wissenschaftliche Forscher an seiner Arbeit und ihren Wechselfällen erlebt. Glück und Unglück besteht also nicht bloß im Sein oder Nichtsein eines Wertgehaltenen, sondern im Sein und Nichtsein von irgend etwas, sofern es durch dieses Sein oder Nichtsein Gefühle Zustandekommen läßt. Als wir seinerzeit^ die Seinsgefühle zu Wertgefühlen determinierten, galt es, sich nicht durch die Fälle beirren zu lassen, wo zwischen dem Seienden und dem Gefühle nichts als Kausalbeziehung zu konstatieren war. Gerade diese, dort beiseitegerückten Fälle müssen jetzt ausdrücklich mit herangezogen und in den Glücks-, respektive Unglücksbereich auf- genommen werden. Ein charakteristischer Name, mit dessen Hilfe diese Gefühle den Wertgefühlen leicht zu koordinieren wären, steht mir nicht zu Gebote und einen künstlich zu bilden, mag entbehrlich sein. Dagegen kann man die sie mit den Wertgefühlen vereinigende Gesamt- klasse von Gefühlen, die uns bereits unter dem Namen der „Seins- gefühle* bekannt ist, jetzt auch als Glücksgefühle zusammenfassen. Die ^ Vgl. „Über emotionale Präsentation", § 11. 2 Vgl. oben H, § 6. § 3. Gut und Übel, Glück und Unglück. 97 obige symbolische Aufzeichnung der acht Glücks-, respektive Unglücks- fälle bleibt dabei zu Recht bestehen, wenn man das zweite Vor- zeichen vor dem Beistrich nicht mehr bloß auf Werthaltungen, sondern auf Gefühle kurzweg bezieht, sodaß das Pluszeichen einfach Lust, das Minuszeichen einfach Unlust bedeutet. Da jedes Gefühl zur Gegenstandsvoraussetzung eines Wertgefühles mit übereinstimmendem Vorzeichen gemacht werden kann, so ist es immerhin möglich, von der eben vollzogenen Erweiterung der ersten Aufstellungen über Glück und Unglück auf diese Aufstellung wieder zurückzukommen, das heißt Glück und Unglück doch wieder bloß auf Werthaltungen zu beziehen. Man müßte aber dann hinzufügen, daß die Größe von Glück und Unglück sich durchaus nicht immer nach diesen Werthaltungen, sondern, wenn noch andere Gefühle beteiligt sind, sich eventuell auch nach diesen richtet. An einem dauernden, etwa unheilbaren körperlichen Schmerz kann man in hohem Grade unglücklich sein, auch wenn man körperlichem Ungemach keinen erheblichen Wert oder richtiger Unwert beizumessen geneigt ist. Und nicht nur wer „zu Tode betrübt*, sondern auch wer „himmelhoch jauchzend* ist, wird das vor dem Forum seiner Werthaltungen allein schon deshalb nicht motivieren können, weil die bereits erwähnte^ Blässe und relativ geringe Lebhaftigkeit der Wertgefühle dazu keine Anhaltspunkte bieten dürfte. Man hat also schwerlich Grund, dort, wo die Empirie keine Belege dafür bietet, Werthaltungen als Grundlagen für Glück und Unglück noch gleichsam zu interpolieren. Jedenfalls aber bleibt eme unter Umständen ganz erhebliche Diskrepanz zwischen Glück und Werthalten bestehen, die, wie man schon jetzt leicht sieht, ein namhaftes Auseinandergehen von Lust und Wert im Gefolge haben kann, und zwar nicht nur was die Stärke, sondern sogar was das Vorzeichen betrifft, indem nicht nur große Lust kleinen Wert haben, sondern positiver Wert auch mit Unlust verbunden sein kann, wenn sich auf diese als Mittel eines wertvollen Zweckes ein ihren natür- lichen Unwert kompensierender vermittelter Wert überträgt.^ Die hier gegebenen Aufstellungen zunächst auf Dasein oder Existenz statt auf Sein im allgemeinen zu beziehen, mag den Sinn haben, daß Quasiobjekte nicht leicht als Güter oder Übel betrachtet werden. Glück und Unglück aber sich nur wenig natürlich von dem prädizieren lassen dürfte, was nicht in der Zeit ist. Besonders prinzipiell wäre indes diese Einschränkung keinesfalls zu nehmen, sodaß der Ersatz von „Dasein" durch „Sein" wohl auch hier vorsichtiger ist. An letzter Stelle muß hier noch einer Wendung gedacht sein, die der Glücks-, respektive Unglücksgedanke, der ja zunächst auf das Objektiv und dessen Objekt gerichtet ist, nun wieder sozusagen ins Subjektive zurückgenommen hat. Wer Glück hat, muß darum noch nicht glücklich sein. Damit kann freilich leicht nur dies gemeint sein, 1 Y&l- oben S. 80. 2 Über Werttibertragung und -Vermittlung vgl. unten III, § 4. Mein eng, Zur Grundlegung der allg. Werttheorie. 7