94 in. Weiteres zur Wertpsychologie. § 3. Gut und Übel, Glück und Unglück. 95 man sie mit Rücksicht hierauf als Fälle bedingten Glückes den ersten Fällen als Fällen unbedingten Glückes gegenüberstellen. Dem Einblick in die Sachlage dürfte auch hier eine einfache symbolische Aufschreibung förderlich sein, bei der zunächst wieder von den Gefühlen ausgegangen sei. Ihre Natur sei dabei in noch primitiverer Weise als oben hinsichtlich des Gegensatzes von Gut und Übel angedeutet, nämlich durch bloße Angabe der Vorzeichen, wobei wieder das erste Zeichen die Natur der Werthaltung, das zweite die des Objektivs bestimme. Durch einen Beistrich davon getrennt, gebe ein drittes Vor- zeichen die Beschaffenheit des Seins des Werthaltungsobjektes an, indes ein viertes Vorzeichen dann ersichtlich macht, ob ein derartiges Sein unter den links vom Beistrich notierten Bedingungen sich als Glücksfall oder als Unglücksfall darstellt, wobei natürlich für Glück das positive, für Unglück das negative Vorzeichen neuerliche Verwendung finden kann. Da dabei jede Ausgangswerthaltung zweimal vorkommen muß, indem für jede sowohl das Sein als das Nichtsein des Objektes in Betracht kommt, so empfiehlt es sich, das so Zusammengehörige un- mittelbar untereinander zu setzen, wobei es der Übersichtlichkeit dien- lich sein dürfte, von den Ausgangswerthaltungen jedesmal nur die erste ihren Vorzeichen nach besonders anzuführen. In diesem Sinne erhält man: 1. + +, + + 3. + - - + + - 2. - +, - + + - 4. , + + Wie selbstverständlich, resultieren so acht Fälle. Ist das dritte Vorzeichen dem ersten gleich, so auch das vierte dem zweiten; ist dort Gegensätzlichkeit, so auch hier. Bei 1 und 4 erscheint das Sein, bei 2 und 3 das Nichtsein als Glück. Unsere oben gegebene erste Auf- zählung der Glücks- und Unglücksfälle war auf die Hälfte des Vor- handenen beschränkt, weil sie unter der Einschränkung vollzogen war, daß das dritte Vorzeichen jedesmal mit dem zweiten gleich genommen wurde, indes es natürlich auch entgegengesetzt sein kann. Wir wollen nun den Anteil von Gut und Übel an Glück und Unglück ebenfalls und in möglichst verwandter Weise symbolisch fixieren. Zu diesem Ende sei nun auch der Gegensatz von Gut und Übel durch den zwischen positivem und negativem Vorzeichen ausge- drückt, und zwar an erster Stelle einer aus drei Vorzeichen bestehenden Aufschreibung, bei der übrigens die letzten beiden Vorzeichen dieselbe Bedeutung haben sollen wie eben zuvor. Dann ergibt sich: 1. + + + 3. + 2. - + - 4. + Das sind, wie man sieht, zunächst nur vier Fälle. Aber wir erinnern uns aus dem Vorangehenden, daß das Wesen sowohl des Gutes als des Übels sich je in doppelter Weise bestimmen läßt. Setzt man diese Bestimmungen ein, so erhält man wieder die obigen acht Fälle. Nennen wir vorübergehend die Bestimmungen des Gutes, respektive des Übels vom Sein aus die Seins-, die vom Nichtsein aus die Nichtseinsbe- stimmung, so können wir beifügen: Bei unserer obigen ersten Auf- stellung über Glück und Unglück wurde für Glück wie Unglück nur je eine Seins- und eine Nichtseinsbestimmung von Gut und Übel heran- gezogen, indes deren je zwei zu Gebote gestanden hätten. Auffällig ist auch noch, daß die beiden, vom Gedanken des Gutes ausgehenden Bestimmungen hinsichtlich des zweiten und dritten Vorzeichens Gleich- heit, die vom Übelgedanken ausgehenden Ungleichheiten aufweisen. Man erkennt daran, daß die erste Aufschreibung über Glück und Unglück in ihrem ersten und letzten Doppelfalle sich auf Güter, im zweiten und dritten Doppelfalle auf Übel bezieht. Wichtiger als das Eingehen auf derlei Spezifikationen der in Glück und Unglück sich darbietenden Sachlage möchte es nun freilich sein, auf die Frage, was Glück und Unglück sonach eigentlich sei, noch eine bündigere Antwort zu geben, als in der bloßen Aufzählung der Einzelfälle gelegen sein kann. Die eben vollzogene Einfügung des Gut-, respektive Übelgedankens stellt sich immerhin als Annäherung an ein solches Ziel dar. Denn eine Aufstellung wie „Glück liegt vor, wenn ein Gut existiert oder ein Übel nicht existiert" und „Unglück liegt vor, wenn ein Gut nicht existiert oder ein Übel existiert* zeigt die Disjunktion jedesmal auf das Minimum, nämlich auf je zwei Glieder beschränkt. Aber die Disjunktion ist eben am Ende immer noch da und die Theorie hätte natürlich das Bedürfnis, sie zu beseitigen. Dieses Bedürfnis wirklich zu befriedigen, bin ich zur Zeit nicht imstande; aber gerade die allerletzte Formulierung, bei der es ja ebenfalls auf Gleichheit, respektive Ungleichheit der Vorzeichen ankommt, bietet durch den darin gelegenen Hinweis auf die eben zuvor wieder hervor- gehobene Natur von Gut und Übel etwas wie einen Ansatz zur Be- friedigung des Bedürfnisses. Stellen wir nämlich die analoge Frage, worin eigentlich das Wesen von Gut, respektive Übel bestehe, so lautet, wie wir wissen, die Antwort: „Ein Gut ist, was im Existenzfalle Freude, im Nichtexistenzfalle Leid mit sich führt, indes das Übel allemal durch Daseinsleid oder Nichtdaseinsfreude gekennzeichnet ist". Die hier zutage tretende Übereinstimmung zwischen Gut und Glück, Übel und Unglück läßt sich nun auch so aussprechen : Glück, respektive Unglück ist am Objektiv das, was Gut, respektive Übel am Objekt ist. Was das ist, das ist damit nun freilich immer noch nicht gesagt, wenn man nicht mit dem Hinweis auf Vorzeichengleichheit, respektive Vor- zeichenverschiedenheit zufrieden ist. Aber besteht zwischen Affirmation und Lust, Negation und Unlust die bekannte, freilich noch keineswegs in ihrem Wesen aufgeklärte Verwandtschaft, dann liegt im Zusammen- treffen des intellektuell mit dem emotional Verwandten, respektive Entgegengesetzten jedenfalls auch bereits eine einheitliche Charakteristik. Das Zusammentreffen solcher intellektueller und emotionaler Momente könnte dann etwa auf Gegenstände höherer Ordnung führen, an denen i f