74 n. Die Werterlebnisse. Inhalt" im obigen* Sinne und sonst auf nichts und es fehlt, soviel ich sehe, jeder Grund, ein solches Erlebnis anders als etwa vermöge will- kürlicher Konvention für ein bloß unvollständiges Werterlebnis zu nehmen. [^'^] Was so die Berücksichtigung des gegenständlichen Momentes ergibt, findet bei direkter Betrachtung der Erlebnisse selbst seine volle Verifikation: die „Stellungnahme zur Stellungnahme", so gewiß sie ein- treten kann, fehlt doch ebenso gewiß in tausend Fällen, denen niemand den Charakter der Werterlebnisse abspricht. Und selbst wenn man von der Formierung einer bestimmten Relation der zweiten Stellungnahme zur ersten absieht, möchte schon die bloße Zweiheit der Stellungnahmen mit der Etnpirie nicht in Einklang zu bringen sein. Auf den Schatz mag man noch immerhin Wert legen um des Wertes willen, den man auf die Macht legt, die der Reichtum mit sich bringt. Minder unge- zwungen ergibt sich aber die Zweiheit der Stellungnahmen schon bei dem wiederholt gebrauchten Beispiel vom Andenken an den teuren Verstorbenen. Oder S(»llte hier die Wertschätzung des Verstorbenen eine Art „Grundlage" für die Bewertung der Reliquie abgeben? Aber zum mindesten ist die Werthaltung des Verstorbenen selbst eben auch eine Werthaltung, und man wird leicht genug in Verlegenheit kommen, wenn man etwa das Verhältnis zu ihm auf bestimmte Eigenschaften zurück- führen soll, deren Werthaltung der Werthaltung der Person vorher- gegangen wäre und jedenfalls wird die den Tatsachen entsprechende Reduktion bald genug ihr Ende finden. Im Gesagten liegt bereits ein- geschlossen, wie es mit den Gefühlen der Liebe, Freundschaft, Ver- ehrung ganz im allgemeinen bewandt ist: sie sind gewiß nicht bloß Wertgefühle, schließen aber ohne Zweifel WertgeCühle in sich; diese können unter Umständen auch „interessiert" sein, wie man zu sagen pflegt, und aus den so zur Geltung gelangenden Interessen heraus ihre Begründung finden. Aber oft genug wird, wenn man dem Zeugnis der Empirie trauen darf, solche Begründung fehlen und dann fehlt in letzter Linie auch die Zweiteiligkeit. Noch durchsichtiger, weil einfacher, steht es mit vielen altrui- stischen Werthaltungen^, denen, wie noch näher darzulegen sein wird, eigen ist, daß sie seitens des E^o deshalb auf ein Objekt gerichtet werden, weil der Alter dieses Objekt wen hält. Das sieht auf* den ersten Blick immerhin wieder wie Wertgrundlage und Wertsetzung aus. Aber für die beiden „Stellungnahmen* im Sinne Müller- Freienfels', ist doch sicher die (höchstens durch „Spaltung" abgeschwächte) Identität des stellungnehmenden Subjektes erforderlich: diese fehlt hier jedoch, so daß seitens des allein maßgebenden Ego jedenfalls nur eine einzige „Stellungnahme* vorliegt. Daß es dann bei ethischen Werten, nicht minder beim Werte, den man darauf legt, geliebt, geehrt, verstanden 1 Natürlich mit dem hier und sonst von mir eingehaltenen Wortgebranche nicht übereinstimmenden 2 Vielen, nicht allen, weil es anch bei ihnen eventnell Wertbaltungs- übertragnng gibt, von der weiter nnten die Rede sein wird. (III, § 4.) III. Weiteres znr Wertpsycbologie. § 1. Zur Beschreib ong der 75 Werthaltungen. zu werden, Recht zu haben und so fort ebenso bestellt ist, versteht sich von selbst. Schließlich ist hier auch der , übernommenen* Wertungen noch einmal zu gedenken.* Wie erwähnt, sind das, soviel ich ermessen kann, zunächst überhaupt keine Werterlebnisse, sondern bloß Urteile über einen Wert. Aus ihnen pflegen aber, worauf noch zurückzukommen sein wird, durchaus lebendige Werthaltungen hervorzugehen^: das, von dem ich weiß, respektive zu wissen glaube, daß es Wert hat, werde ich leicht genug auch selbst werthalten. Soll also in solchen Fällen nicht etwa eben dieses Werturteil die eine (näher die primäre) ^Stellung- nahme" sein, so haben wir es auch da nur mit einer einzigen Stellung- nahme zu tun; dennoch ist an der Vollständigkeit auch eines unter solchen Umständen auftretenden Werterlebnisses nicht zu zweifeln. Das Dargelegte scheint mir zum Erweise dafür auszureichen, daß Müller-Freienfels' Anforderung einer doppelten „Stellungnahme" keines- wegs bei allen Werthaltungen erfüllt ist. Auch eine einzige „Stellung- nahme" reicht aus und damit kommen wir wieder auf das in den voran- gegangenen Untersuchungen herausgearbeitete, relativ einfache Wert- gefühl, die Werthaltung zurück. Den Ausführungen Müller-Freienfels' kommt aber gleichwohl das Verdienst zu, auf einen wichtigen Unter- schied an diesen Werthaltungen besonders nachdrücklich aufmerksam gemacht zu haben. Wir werden auf diesen Unterschied zurückkommen, wenn wir, wie im folgenden geschehen soll, den psychologischen Vor- aussetzungen der Werthaltungen näher zu treten versuchen. IIL Weiteres zur Wertpsychologie, § 1, Zur Beschreibung der Werthaltungen. Es ist auch bei denjenigen Forschern, die als unser eigentlich charakteristisches Verhalten in Wertangelegenheiten das Gefühl an- erkennen, nicht eben gebräuchlich, dann noch zwischen Gefühlen ver- schiedener Art zu unterscheiden und nur ganz bestimmte Ausgestaltungen unseres Gefühlslebens den Werten spezifisch zuzuordnend Im obigen ist dies durch Herausarbeitung des Begriffes des Wertgefühles und insbesondere des Begriffes der Werthaltung zu leisten versucht worden. Es wird sich unter solchen Umständen empfehlen, die Eigenart der unter diese Begriffe fallenden Erlebnisse in möglichst helles Licht zu rücken, indem hier zusammengestellt wird, was eine erste psychologische Analyse an diesen Erlebnissen zu ergeben scheint. Es kann dabei vorerst nur der Weg direkter Analyse beschritten werden, unbeschadet des primitiven Charakters einer solchen, — immerhin in der Hoffnung, daß namentlich das psychologische Experiment sich auch in dieser Sache recht bald hilfreich erweisen möchte. 1 Vergl. übrigens R. Mftller-Freienfels selbst, a. a. 0., S. 331 ff. 2 Eine Ausnahme macht, wie sich gezeigt hat, R. Müller-Fr ei enfeli