t< * 46 II. Die Werterlebnisse. *, |!?t-f5- Erlebnisklassen hinsichtlich ihrer Stellung zum Werte in Anspruch genommen werden müßte. Es ist vielmehr Tatsache, daß zwar Gefühle sehr wohl ohne Begehrungen Werterlebnisse ausmachen können, dagegen Begehrungen ohne Gefühle kaum, da Begehrungen gegenüber Gefühlen weitgehende, wenn nicht völlige Unselbständigkeit zeigen. Daraus darf geschlossen werden, daß den Gefühlen als Werterlebnissen den Begeh- rungen gegenüber eine gewisse Vorzugsstellung zukommt, so daß man die Gefühle vielleicht nicht unpassend als Hauptwerterlebnisse, die Begehrungeu als Nebenwerterlebnisse bezeichnen könnte. § 4. Die, ••Subsumierbarkeit" unter „Wertsphären" und das „Innewerden" der Werte* In der bisherigen Untersuchung ist einfacherer Darlegung halber nicht darauf Bedacht genommen worden, daß dem hier als anscheinend natürlichst eingeschlagenen Weg, der über das Werterlebnis und dessen Bestimmung zum Wesen des Wertes gelangen möchte, neuerlich der diametral entgegengesetzte vorgezogen worden ist^, der umgekehrt vom Wert zum Werterlebnisse hinzuführen verspricht. Die in diesem Sinne orientierte theoretische Bemühung verdient umso sorgfältigere Beachtung, als darin zugleich der erste Versuch vorliegt, das experimentelle Ver- fahren auch der Werttheorie, zunächst der Wertpsychologie, zugute- kommen zu lassen. Das Verdienst, ein solches Verfahren inauguriert zu haben, kann nicht zu hoch angeschlagen werden, auch wenn man sich keinen Täuschungen darüber hingeben kann, daß durch ausschließ- liche Anwendung der an sich sicher bestens bewährten Reizwörter- methode doch nur ein ganz bestimmtes Tatsachengebiet, und zwar kaum das charakteristischeste 2 gleichsam herausgeschnitten worden ist. Es sind Versuche, in denen über Werte und Wertobjekte zunächst eben geredet wird^, und zwar zumeist in Abwesenheit der Objekte, indes das Verhalten zu wirklich vorliegenden Wertobjekten naturgemäß in den Hintergrund treten muß. Immerhin wird aber auch auf diese Weise Beachtenswertes erlebt, das für die Wesensbestimmung des Wertes willkommene Hilfen abgeben könnte. Dazu, entgegen unserem Verfahren, das Werterlebnis vom Werte her zu bestimmen, findet sich unser Autor durch den Umstand hin gedrängt, „daß die Schwierigkeit, die der Definition des Begriffes der Wertung anhaftet, bei dem Begriff des Wertes nicht vorliegt. Deshalb besteht der Ausweg, erstere mit Hilfe des letzteren vorläufig zu definieren. Dies geschieht durch die einfache und doch wichtige Bestimmung, daß nur ein solcher psychischer Vorgang (aber auch jeder solche) als wirk- licher und genuiner Wertungsvorgang zu gelten hat, der einen Wert 1 Th. Haering, „Untersuchungen zur P vchologie der Wertung-^ Archiv t d. ges. Psychologie, Bd. XXVI f., 1911 f. auch besonders. Leipzig 191*2, — »Beiträife zur Wertpsychologie, insbesondere zum Be^'riff der logischen oder Erkenntnis Wertung", Archiv f. d. ges. Psychol., Bd. XXXVIL 1917. 2 Vgl. übrigens des Autors eigene Bemerkung in „Beiträge'' a. a. 0.. S. 49 f. 3 Vgl. , Untersuchungen usw.", S. 81 ff. der Sonderausgabe. § 4. Die „Subsumierbarkeit" xmter „Wertsphären" und das „Innewerden" 47 der Werte. wirklich konstituiert, das heißt auf Grund dessen ein Wert wirklich für das jeweilige Bewußtsein des Wertenden zustande kommt* ^ Näher wird nun der Wert bestimmt, „als ein reales Verhältnis eines undifferenzierten Etwas zu einer bestimmten Disposition, beziehungs- weise »Tendenz«-, auch wohl zu „Charakteren, Einstellungen, . . . Zielen^ Wertsphären* 3. Der „Werttatbestand" ist der „Tatbestand der Subsumier- barkeit (Zugehörigkeit )"*. „Psychologisch, jedenfalls psychologisch- genetisch, schließt jede Wertung eine Tendenz ein und ist ohne deren Vorhandensein nicht denkbar; ebenso aber ist eine Tendenz .... ohne Ziel, das ist ohne »Wert« nicht denkbar"^. Dem gegenüber ist das Werterlebnis oder die „Wertung", „Innewerden eines »Wertes« (der Wertrelation eines Gegenstandes ....), nicht »Schaffung« eines Wertes (Wertverhältnisses )".^ Dem Typus der „Gefühlswertung" stellt unser Autor^ als ein Hauptergebnis seiner experimentellen Beobachtungen^ den Typus der „intellektuellen Wertung" an die Seite. Vom Standpunkte der in gegenwärtiger Schrift durchgeführten Untersuchung liegt hierin zugleich das Zurückgreifen auf ein von uns bereits verlassenes Stadium, sofern uns nahezu selbstverständlich schien^, daß von emotionsfreien, alsO' durchaus intellektuellen Werterlebnissen nicht die Rede sein könne. Auch dem Austrage dieses Dissenses müssen hier einige Worte gewidmet sein. ' Was zunächst den Anschein der Priorität des Wertes gegenüber dem Werterlebnis anlangt, so schwindet er, sobald man berücksichtigt^ daß der Wert seitens unseres Autors als Relation zu Dispositionen, Tendenzen und dergleichen definiert wird. Dabei kann ganz davon ab- gesehen werden, daß der Gedanke der Tendenz und seinesgleichen in notgedrungener Verschleierung den der Begehrung oder Strebung zu enthalten pfiegt. Umso weniger wird zu übersehen sein, daß jede Dis- position auf etwas als auf das ihr charakteristische ,, Korrelat*, auf ihre „Leistung" bezogen werden muß,^® ebenso die Tendenz, der Trieb, und daß die Natur dieses Etwas keineswegs völlig unbestimmt gelassen werden kann, wo es sich um Werte handeln soll. Es gibt ja bekannt- lich nicht nur Dispositionen und Tendenzen zu Wertvollem, sondern auch solche zu Wertwidrigem und wohl auch zu Wertindifferentem, und da die Relation der „Zugehörigkeit" allemal dieselbe wird bleiben müssen, so versteht sich, daß der Unterschied im Wertvor- zeichen nur auf die gegensätzliche Beschaffenheit jenes „Etwas" zurückgehen kann. Weiter wird dann aber ein Zweifel darüber, auf 1 A. a. 0., S. 64. 2 „Beiträge usw.". S. 38. 3 A. a. 0., S. 54. * A. a, 0., S. 56. 5 A. a. 0.. S. 59. 6 A. a. 0., S. 42. ■^ Ibid. u. ö. 8 „Untersuchungen usw.", z. B. S. 177 ff. der Sonderausgabe. 9 Oben S. 35. 10 Vgl. „Allgemeines zur Lehre von den Dispositionen" in den von mir heraus- gegebenen „Beiträgen zur Pädagogik und Dispositionstheorie", Prag 1919, S. 43. 1