Anhang. 173 Wie beim Begehren, kann man auch beim Werthalten von Motiv reden. Als solches jede Voraussetzung zu betrachten, die keine Gegenstandsvoraus- setzung ist. Also Motiv so viel als Nebenvoraussetzung? Bei Begehrungen gewährt Rekurs auf Motiv Möglichkeit, unnatürlichen Rekurs auf Lust als Begehrungsobjekt zu vermeiden. Begehre ich etwas, weil es mir Lust bringt, so muß ich darum nicht Lust begehren; genug, wenn das Objekt wertgehalten wird und Werthaltung Motiv ausmacht (vgl. Lipps, „Eth. Grundfragen", Einleitung über Egoismus). Ähnlich bei Werthaltung. Halte ich etwas wert, weil es mir angenehm ist oder mir gefällt, so kann man das so deuten, daß eigentlich diese Annehmlichkeit, also Lust wertgehalten werde. Das ist entbehrlich, wenn diese Lust als Werthaltungsmotiv aufzufassen ist. Werthaltungsmotive könnte man unterscheiden in emotionale wie bei eben gebrauchtem Beispiel die Annehmlichkeit, oder intellektuell-emotionale, wie das Urteil, daß dies oder jenes angenehm sei, Wert habe und dergleichen, endlich intellektuelle, die das Werthaltungsobjekt irgendwie charakterisieren, wobei nur noch zu fragen, ob solche Charakteristik nicht jederzeit in die Haupt- oder Gegen- standsvoraussetzung eingehen muß. Unter diesem Gesichtspunkt ist Werthaltungsübertragung ein Motivations- fall, näher jedenfalls mit intellektuellen, außerdem entweder emotionalen oder intellektuell-emotionalen Motiven. Ebenso Vermittlung ohne Übertragung, bei der namentlich emotionale Motive (Gefühle des Angenehmen, Schönen, Wahren, Guten) beteiligt sein können. Für Problem des Altruismus besonders wichtig, zu entscheiden, ob das Urteil „O hat Wert für den Alter" schon als Motiv ausreicht, oder ob auf Gefühl des Alter ausdrücklich Wert gelegt sein muß. Direkte Empirie scheint ein solches ausdrückliches Werthalten als entbehrlich darzutun. Werthaltungen ohne emotionale (vielleicht also auch ohne alle) Motive sind als letzte Werthaltungstatsachen wohl besonders wichtig. So Werthaltung eines Andenkens (an intellektuellen Motiven fehlt es da nicht) oder der Freund- schaft im Gegensatz zum warmen Ofen oder schönen Bild. Solche Werthaltungen werden häufig zwar nicht auf Motive, wohl aber auf Provenienz zurück ührbar, es werden abgeleitete Werthaltungen sein. Sind sie es aber immer, sind etwa alle ursprünglichen Werthaltungen emotional motiviert? Das ist nicht zu glauben. Vielleicht nehmen die ursprünglichen und zugleich emotional unmotivierten prinzipiell wichtige Stellung ein, stehen etwa den unpersönlichen Werten beson- ders nahe, so namentlich auf ethischem Gebiete. Lipps, der für Begehren zunächst Gegenstand und Motiv richtig unter- scheidet („Die ethischen Grundfragen", 2. Aufl., S. 6 f.), verdirbt die Unter- scheidung wieder, indem er Motiv und Gegenstand gleichsetzt, a. a. O., S. 8. Alle Wertableitung prinzipiell bestritten von Lipps, a. a. O., S. 31, 82 f. Gegen Lipps' Beispiel vom Geld bei Staatsbankrott: Ableitung besteht, solange über Berechtigung keine Gedanken vorliegen. Einsicht in Unberechtigung, wenn ausdrücklich gegeben, verhindert Ableitung. Überhaupt ist ja alle bloße Ableitung von Werten paradigmatisch für Mangel an Berechtigung. Werttheoretisch und praktisch besonders wichtiges Beispiel von Wert- übertragung von Eigenschaft auf Ding (zugleich die sogenannte Wertparadoxie der Nationalökonomen).