§ 7. Der unpersönliche Wert. 161 überstehen. Um so näher liegt die Vermutung, man möchte es im Werte mit einem Gegenstand zu tun haben, dem im Vergleich mit dem ein- fachen Werthaltungsdignitativ der Rang eines Gegenstandes höherer Ord- nung zukommt. An sich ist, wie ich an anderem Orte¹ gezeigt habe, schon jedes Dignitativ ein Gegenstand höherer Ordnung so gut wie ein Objektiv oder Desiderativ. Unsere beiden zusammengehörigen Wert- haltungsdignitative erinnern aber in ihrer Übereinstimmung trotz völliger Verschiedenheit doch unverkennbar an die Gleichheit der Melodien, die aus Tönen von beziehungsweise durchaus verschiedener Höhe zusammen- gesetzt sind. Auf eine eigentliche Definition des unpersönlichen Wertes wäre allerdings durch eine solche Aufstellung wohl endgültig verzichtet: die Undefinierbarkeit des unpersönlichen Wertes würde nicht der von Farbe oder Ton, wohl aber der von Melodie oder Gestalt an die Seite zu setzen sein. Den so gewonnenen Bestimmungen gegenüber ist es nun von besonderem Interesse, auch noch einmal auf den persönlichen Wert zurückzugreifen und die Frage zu stellen, ob er sich mit dem unper- sönlichen Werte zu einem einheitlichen Gedanken vereinigen läßt. Dazu scheint fürs erste geringe Aussicht, wenn man die Rolle in Anschlag bringt, die bei der Wesensbestimmung des unpersönlichen Wertes der emotionalen Präsentation zufällt, auf die Bezug zu nehmen beim per- sönlichen Werte keine Gelegenheit zu sein schien, während nun um- gekehrt das, was uns beim persönlichen Werte als Werterlebnis begegnet ist, beim unpersönlichen Werte außer Betracht bleiben konnte. Hat es nun vor allem mit so weitgehender Verschiedenheit seine Richtigkeit? Zunächst kann man keineswegs sagen, daß emotionale Präsentation dort, wo persönlicher Wert vorliegt, keine Stelle hat. Hat jemand sein Herz an den Besitz von Geld und Gut oder an wesenlose Äußerlich- keiten gehängt, so mag leicht unpersönlicher Wert dabei in jeder Hin- sicht ausgeschlossen sein. Liegt aber gleichwohl das Werterlebnis, zu- nächst das Wertgefühl vor, so präsentiert dieses doch auch dann seinen Gegenstand und es ist zum mindesten sehr die Frage, ob das so Präsen- tierte nicht oft genug auch tatsächlich erfaßt wird und dieses Erfassen einen Teil des Werterlebnisses auch unter den Umständen, die den persönlichen Wert kennzeichnen, ausmacht. Ein Recht freilich, den emotional präsentierten Gegenstand vom angeeigneten Gegenstande des Wertgefühles zu prädizieren, wird dann fehlen. Aber die ganze Sach- lage steht der beim unpersönlichen Werte doch um vieles näher, als wenn die Präsentation sozusagen eine Art Vorrecht des unpersönlichen Wertes ausmachte. Wo möglich noch weniger steht aber natürlich im Wege, die für den persönlichen Wert maßgebenden Werterlebnisse auch beim unper- sönlichen Werte anzutreffen. Das Präsentieren ist ja auch beim unper- sönlichen Werte geradezu Sache der Werterlebnisse, näher der Wert- gefühle, denen ihren präsentierenden Funktionen nach nur immerhin die 1 „Über emotionale Präsentation", § 11. Meinong, Zur Grundlegung der allg. Werttheorie. 11