§ 7. Der unpersönliche Wert. 157 schluß der Empfindungen gegenübergestellt hat. Das Fühlen steht eben dem Erkennen sozusagen wesentlich ferner als das Vorstellen, und darf man schon innerhalb des Vorstellungsgebietes bessere und schlechtere Phänomene auseinanderhalten¹, so wird, was die Gefühle präsentieren, sicher den schlechten Phänomenen an die Seite zu stellen sein. [48] Es kann nicht überraschen, daß man sich, wie man sieht, auch hier, wie allenthalben sonst, bei der Beantwortung von Seinsfragen auf das Sosein hingewiesen findet: wir haben uns aber diesem Sosein beim unpersönlichen Werte nun ausdrücklich zuzuwenden. Daß wir das, was uns die Wertgefühle präsentieren, eben als Phänomene bezeichnen mußten, legt vor allem die Frage nahe, ob wir berechtigt sind, etwa kurzweg zu sagen, die Gegenstände dieser Präsentation seien der ursprüngliche Wert. In einem Zweifel hieran läge aber jedenfalls die Präsumtion, unpersönlicher Wert könne unter allen Umständen nur das heißen, was existiert, während wir doch etwa von Farbe, Ton, Wärme, Kälte und so fort ganz ohne solchen Vorbehalt, ja heute meist im ziemlich sicheren Glauben2 reden, daß es dergleichen in der Wirklichkeit keines- wegs gebe. Es wird sich also wohl empfehlen, in Analogie hierzu auch als unpersönlichen Wert vorbehaltlos die Gegenstände gelten zu lassen, die durch die Wertgefühle präsentiert werden, in betreff dessen aber, wie viel davon auch der Wirklichkeit angehört, ebenso wie bei dem intellektuell Präsentierten die erforderliche Zurückhaltung walten zu lassen. Die eben erwähnte besonders auffallende Abhängigkeit unserer Werterlebnisse von unserer Subjektivität macht solche Zurückhaltung natürlich besonders unerläßlich, würde aber im Prinzip und besonders im Hinblick auf die nicht seltene Überschätzung solcher Subjektivität die Möglichkeit doch auch nicht ausschließen, daß unter den durch Wertgefühle präsentierten Gegenständen solche anzutreffen wären, die der Wirklichkeit näher stehen könnten als etwa die sensiblen Qualitäten, so daß sie vielleicht sogar tiefer in das Wesen des Wirklichen zu dringen imstande wären, als vom intellektuell Präsentierten erwartet werden darf. Zugleich erhellt, daß das Wesen des unpersönlichen Wertes begriff- lich zu fassen, sich als eine eben solche Aufgabe darstellt, wie die, begrifflich festzulegen, was Farbe oder Ton ist. Immerhin zeigt sich indes der unpersönliche Wert einer definitorischen Bestimmung auf dem Umwege über das Erfassen insofern besonders günstig, als die ihn präsentierenden Werterlebnisse, wie wir gesehen haben, eine bestimmtere begriffliche Charakteristik gestatten als etwa die Farbenempfindungen gegenüber den Tonempfindungen oder vielleicht noch besser die Temperatur- gegenüber den Druckempfindungen, die, solange man die Eigenart der Empfindungsgegenstände nicht mit in Betracht zieht, sich eben nur ein- fach als Empfindungserlebnisse darstellen. Dagegen haben wir die Wert- gefühle durch ihre Voraussetzungen deutlich von anderen Gefühlen unter- schieden gefunden, so daß es nun auch sicher nicht ohne definitorische 1 Vgl. a. a. O., § 24. 2 Vgl. „Über die Erfahrungsgrundlagen unseres Wissens", § 8.