156 IV. Der Wertgedanke. Zeigt sich so der Hinweis auf die emotionale Präsentation geeignet, ein Hindernis zu beseitigen, das sonst bei Anerkennung unpersönlichen Wertes entgegenstehen könnte, bietet ferner diese Präsentation eine positive Ergänzung zu dem, was an negativer Charakteristik der Sach- lage aus der Tatsache der emotionalen Wertirrtümer zu entnehmen war, so verspricht der Gesichtspunkt der hiermit den Emotionen und insbesondere den Wertgefühlen zuerkannten Funktion als Erfassungs- und daher Erkenntnismittel nun auch eine erste Orientierung darüber zu ermöglichen, auf welchem Wege die Frage nach der Tatsächlichkeit und dann auch die nach der näheren Beschaffenheit unpersönlicher Werte einer Beantwortung zuzuführen sein möchte. In beiden Hinsichten darf die Präsumtion möglichst weitgehender Analogie zur intellektuellen Präsentation als heuristisches Prinzip dienen. Sofern es sich bei präsen- tierenden Emotionen um Gefühle und namentlich Wertgefühle handelt, werden von den präsentierenden intellektuellen Erlebnissen am natür- lichsten zunächst Vorstellungen, insbesondere Wahrnehmungsvorstellungen in Betracht kommen. Vorher ist nur festzustellen, was aus der Mannigfaltigkeit des emotional Präsentierten für den unpersönlichen Wert in Betracht kommt. Ein neuerlicher Appell an die natürliche, zunächst vorwissenschaftliche Bedeutung der Wortes „Wert" ist dabei nicht zu vermeiden. Er ergibt vor allem eindeutig, daß, während wir im Gebiete des persönlichen Wertes die Begehrungen ohne Bedenken als Werterlebnisse gelten lassen durften, jetzt die durch Begehrungen präsentierten Gegenstände, die Desiderative¹ durchaus außer Betracht kommen. Dasselbe gilt von den Dignitativen, soweit sie ästhetischer, logischer oder etwa hedonischer Natur sind. Nur ein erweiterter Wortgebrauch faßt alle Dignitative unter dem Worte Wert" zusammen. [42] Natürlich schließt das aber in keiner Weise aus, Objekten, denen solche an sich vom Werte verschiedene Dignitative zukommen, um dieser Dignitative willen Wert auch in un- persönlichem Sinne zuzuschreiben. Schön sein ist an sich etwas anderes als wertvoll sein; aber was schön ist, hat doch eben darum unzweifel- haften Wert, weil es schön ist. " Dies also vorausgesetzt, ergibt sich als erste Frage die, ob das, was nach Abzug der ästhetischen, logischen und hedonischen Dignitative noch übrig bleibt, ob also jene Dignitative, die man ganz wohl timo- logische nennen könnte, auch auf Dignitäten hinweisen, die ihnen korrespondieren. Die Analogie zu der Frage, ob unseren sensiblen Qualitäten oder richtiger deren Trägern wirkliche Dinge einer Außen- welt gegenüberstehen, fällt sofort in die Augen. Und auch der Gedanke der Halbwahrnehmung bewährt hier neuerlich seine Brauchbarkeit, die aber allerdings sofort eine erhebliche Einschränkung durch das erfährt, was man jederzeit unter dem Namen der besonderen Subjektivität der Gefühle der relativen Objektivität der intellektuellen Erlebnisse mit Ein- 1 Vgl. „Über emotionale Präsentation", S. 113. 2 Vgl. "Über emotionale Präsentation", S. 177. 3 Vgl. „Über die Erfahrungsgrundlagen unseres Wissens", § 20.