§ 7. Der unpersönliche Wert. 155 1 wollen, was mehr als bloß phänomenal ist, wir eventuell auf gewisse einzelne Relationen oder auch Erscheinungsgesetze geführt werden. Das „objektivierte“ Grün kommt insofern dem Buch in der Tat nicht vor- behaltlos zu diesem eignet viel eher nur die Eigenschaft, bei Tages- licht grün auszusehen und darin liegt zweifellos eine Relativität. Aber der Gegenstand „Grün“ ist darum doch nicht selbst relativ und relativ ist auch nicht die uns etwa direkt unbekannte Eigenschaft, um derent- willen das Buch bei Tage grün erscheint. Und wären einmal die Wahr- nehmungsbedingungen günstig genug, daß die eben berührte Relativität außer Betracht käme, so könnte der absolute Charakter des Gegen- standes des Wahrnehmungserlebnisses auch der loyalen Ausnützung dieses Erlebnisses zu statten kommen. In gleicher Weise ist nun von dem durch das Gefühl, insbesondere das Wertgefühl präsentierten Gegen- stande zu sagen: an sich ist er absolut und ob er in den auf emo- tionale Präsentation gegründeten Wahrnehmungsurteilen in seiner Absolut- heit oder in irgend einer Relation zur loyalen Geltung kommt, das braucht derjenige zunächst noch gar nicht zu entscheiden, der doch den absoluten Charakter des so präsentierten Gegenstandes in Anspruch nimmt. Sagt uns im Grunde die emotionale Präsentation direkt und allein, was der Wert ist, dann sagt sie uns auch, daß dieser Wert ; ein Absolutes ist. Sollte sich dann freilich zeigen oder allgemein er- weisen lassen, daß von diesem absoluten Gegenstande nirgends loyale Anwendung zu machen ist, dann müßte man freilich den so auf direkte Erfahrung gegründeten Wertgedanken fallen lassen und mit dem Gedanken des relativen Wertes zufrieden sein. Zunächst aber handelt es sich ja darum, den möglichst natürlichen Wertgedanken dadurch zu seinem Rechte gelangen zu lassen, daß man sich sein (wie mir scheint, absolutes) Wesen klar macht und ihm gegenüber nicht bereits den Standpunkt vorgängiger Ablehnung bezieht, zu der, wie sich nun wohl gezeigt hat, kein Grund vorliegt. Zugleich dürfte sich auch herausgestellt haben, daß man bei sich und anderen gegen den absoluten Wert nicht in der Weise Stimmung machen darf, daß man dem Verteidiger solchen Wertes den Anspruch auf apriorisches Wissen über diesen imputiert,2 um ihn dann durch Hinweis auf den so unvollkommenen Zustand unserer näheren Kennt- nis dieser Sache ins Unrecht zu setzen. An sich spricht die Analogie der emotionalen Präsentation mit sinnlicher Wahrnehmung durchaus nicht für ein Apriori und daß das Gefühl als empirisches Erfassungs- mittel hinter dem Vorstellen, zunächst also Empfinden zurückstehen werde, das zu vermuten liegt mindestens sehr nahe. Immerhin mag man sich aber der Prognose in so schwieriger Sache vorerst besser enthalten und alles Weitere dem Verlauf der im wesentlichen doch erst in Angriff zu nehmenden Untersuchung überlassen. [41] 1 Vgl. meine Ausführungen „Über die Erfahrungsgrundlagen unseres Wissens", S. 91 ff. 2 „Grundzüge einer neuen Wertlehre", a. a. O., S. 370, 372 f., 376. 3 A. a. O., bes. Kap. IV. und V.