§ 7. Der unpersönliche Wert. 149 man dem Talismann seinen Wert absprechen, respektive diesen Wert als einen bloß eingebildeten bezeichnen? Nimmt man keinen Anstand, von Freude oder Leid auch dort zu reden, wo die betreffenden Gefühle auf Irrtum seitens des fühlenden Subjektes gegründet sind, dann zeigt sich, wer es mit dem Werte anders hält, unter dem Einfluß einer Seite des Wertgedankens, die in der Bezugnahme auf das Werterlebnis des Subjektes augenscheinlich noch nicht zur Geltung kommt. Daß, um dieser Seite Rechnung zu tragen, das Moment der Persönlichkeit aus der Bestimmung des Wertgedankens eliminiert werden müsse, ist damit freilich noch nicht dargetan, unterstützt aber natürlich, was sonst auf eine solche Elimination hinweist. Bisher ist hier nun aber, wie bemerkt, an der Voraussetzung festgehalten, daß, weil der Gegensatz von wahr und falsch jederzeit auf das Urteil zurückweist, der zwischen wahrem und eingebildetem Wert nicht wohl anderes, als Sache der Voraussetzungsurteile von Werterlebnissen sein könne. In der Tat entspricht, ihn nicht etwa diesen emotionalen Erlebnissen, also zunächst den Gefühlen beizumessen, bestens der Regel: „De gustibus non est disputandum". Ohne Zweifel ist diese Regel populär genug und die Übertragung speziell auf das Gebiet der Werthaltungen vollzieht sich von selbst. Dennoch wird sie in der Praxis weit öfter aufgestellt als tatsächlich befolgt und in Wahrheit ist nichts häufiger, als daß über die „,gustus" und deren Analoga disputiert wird. Und sicher erweist sich als das, was der Regel zu einer relativ weiten Anwendungssphäre verhilft, weit mehr die immer wieder zu machende Erfahrung von der Aussichtslosigkeit, solchen Streit zu einem einverständlichen Ende zu führen, als etwa eine aus der Natur der Sachlage geschöpfte Überzeugung davon, daß dabei die Voraussetzung ausgeschlossen wäre, von den Streitenden könnte oder müßte wohl gar einer doch jedenfalls im Unrechte sein. Vielmehr ist es auch für denjenigen, der sich der Regel fügt, weit natürlicher, stillschweigend gleichwohl beim guten Glauben daran zu beharren, daß er und nicht der Gegner im Rechte sei, als aus der Not der Resignation dann noch die Tugend überlegener Intelligenz zu machen, die es unterläßt, dort noch nach Wahrheit zu suchen, wo für den Gegensatz von wahr und falsch gleichsam die Angriffspunkte fehlen. Die Möglichkeit also, es könnte am Ende doch solche Angriffs- punkte geben, wird man nicht zu rasch von der Hand weisen dürfen und speziell auf dem Wertgebiete umso weniger, je sicherer die Wert- stellung gewisser hoher und höchster Güter dem Streite tatsächlich entrückt, je weniger man bei diesen geneigt sein wird, etwa in ihrer entgegengesetzten Einschätzung nichts als den Ausdruck berechtigter subjektiver Eigenart zu sehen. Es genügt, in diesem Sinne neuerlich auf den Wert des Wahren und Schönen als solchen hinzuweisen, dem der des Guten nur deshalb nicht an die Seite zu setzen ist, weil seine Behauptung leicht allzu tautologischen Charakter an sich tragen könnte. Man entgeht dieser Gefahr, wenn man vom Guten im allgemeinen zu spezielleren Fällen des Guten übergeht. Und Tatsache ist es ohne