§ 6. Der persönliche Wert. 143 die an eine solche Definition zu stellenden Anforderungen habe ich bereits an anderem Orte¹ beigebracht, darf aber nicht verschweigen, daß schon die vermittelnde Stellung, die ich heute in Sachen der Natur des Werterlebnisses einnehmen zu müssen meine,2 auch hinsichtlich dieser Anforderungen minder exklusiv zu sein gebieten mag. Das wird in noch gesteigertem Maße zur Geltung kommen, falls sich Grund ergeben sollte, zu vermuten, der eigentliche, sozusagen ungetrübte Wert- gedanke werde erst jenseits der Sphäre zu suchen sein, in die wir zunächst noch durch die auf das Persönliche gerichtete Betrachtungs- weise eingeschränkt sind. " 99 Solche Reserve vorausgesetzt, bietet sich als einfachste Bestimmung etwa diese dar: der persönliche Wert ist die Eignung eines Objektes, vermöge seiner Beschaffenheit und Position den Gegenstand von Wert- erlebnissen eines Subjektes abzugeben. Indes macht sich an dieser Bestimmung schon äußerlich der Umstand als Mangel fühlbar, daß hier, was Wert" sei, durch den Hinweis auf das Werterlebnis" klar zu machen versucht wird: ein wirklicher Zirkel ist das in Anbetracht der Weise, wie seinerzeit der Begriff des Werterlebnisses eingeführt worden ist, keineswegs; aber man mag wünschen, auch den Anschein eines Zirkels zu vermeiden. Es kommt hinzu, daß sich uns wiederholt, so ins- besondere bei Elimination des „Anlasses" aus den thetischen Ergänzungs- bestimmungen, gezeigt hat, wie das aktuelle Auftreten der Werterlebnisse für das Gegebensein eines Wertes ganz unwesentlich ist, indes der Eignung eines Objektes, den Gegenstand von Werterlebnissen eines Subjektes abzu- geben, jedenfalls eine Beschaffenheit des Subjektes gegenüberstehen muß, vermöge deren in diesem durch den „Anlaß“ das betreffende Werterlebnis ausgelöst wird. Das ist mehr als die oben unter den thetischen Ergän- zungen aufgeführte emotionale und intellektuelle Veranlagung und Orien- tiertheit des Subjektes; es ist vielmehr jene dem Gegenstande in beson- derem Maße zugewandte Disponiertheit des Subjektes, die uns schon gele- gentlich der Betrachtung der Gegengefühle unter dem Namen des Inter- esses, genauer des praktischen Interesses oder des Interesses an etwas entgegengetreten ist und sich natürlich außer in den Gegengefühlen auch in den diesen Gefühlen geeigneten Falles zugeordneten Begeh- rungen betätigt. Von den Werterlebnissen so zur Disposition zu Wert- erlebnissen überzugehen, führt zugleich den Vorteil mit sich, der Rück- sicht auf die Besonderheit der angesichts der nämlichen Sachlage mög- lichen Werterlebnisse überhoben zu sein, soweit ihnen die nämliche dispositionelle Grundlage zugehört. Auch können unter dem Titel Inter- esse" im Bedarfsfalle neben den Dispositionen zu relativ elementaren Werterlebnissen auch die zu komplexeren und abgeleiteteren einbezogen werden, auf die neuerlich nicht ohne Grund Gewicht gelegt worden ist. 1 „Über Annahmen" 2, S. 325 f. 2 Vgl. oben S. 44 f. 8 Vgl. oben S. 34 ff. 4 Vgl. oben S. 90. 5 Vgl. insbesondere W. M. Urban, „Valuation, its nature and laws", S. 49 ff.