§ 3. Die Aktualitätsbedingungen. Seins- und Nichtseinswerte. 129 geredet werden dürfen. So unterscheidet sich der Potential- vom Aktual- wertbegriff nicht nur durch die Verschiedenheit von Möglichkeit und Tatsächlichkeit, sondern auch dadurch, daß jener prinzipiell daseinsfrei ist, dieser das Daseinsmoment einbezieht. Das Dasein aber, und wäre es auch nur das des Werterlebnisses, hat natürlich seine Bedingungen, als deren eine uns eben das Dasein des Subjektes entgegengetreten ist. Sind, wie im allgemeinen zu erwarten ist, solcher Bedingungen mehrere, so müssen sie alle erfüllt sein, wenn die im Aktualbegriff in Anspruch genommene Sachlage gegeben sein soll: die Erfülltheit bloß eines Teiles dieser Bedingungen aber ist eine Annäherung an diese Sachlage, und das Hinzutreten erfüllter Bedingungen kann im Vergleich mit dem Tatbestande ihrer Unerfülltheit ganz wohl als Aktualisierung bezeichnet werden, natürlich nur eine Aktualisierung in Gedanken, da es sich bloß um ein Heranziehen der erfüllten Bedingungen in Gedanken handelt. Die Bedingungen jedoch, eben die, von denen schon oben bemerkt wurde, daß sie nicht etwa Bedingungen der Mög- lichkeit sind, könnten ganz wohl als Aktualitätsbedingungen bezeichnet werden. § 3. Die Aktualitätsbedingungen. Seins- und Nichtseinswerte. Ist dies festgestellt, so erwachsen uns in Betreff der als uner- läßlich erkannten Aktualisierung des Potentialwertbegriffes zwei Auf- gaben. Einmal muß ausgemacht werden, welcher Art die Aktualitäts- bedingungen sind, die hinsichtlich der Möglichkeit eines Objektes, Gegenstand eines Werterlebnisses zu sein, überhaupt in Frage stehen. Dann aber kommt es noch darauf an, ob sämtliche dieser Bedingungen und ob jede davon unter allen Umständen als thetische Determinatoren in den Wertbegriff tatsächlich einbezogen werden. Was den ersten Punkt anlangt, so handelt es sich da augen- scheinlich zunächst um die Bedingungen für das Auftreten der auf das Objekt gerichteten Werterlebnisse, natürlich für ihr Auftreten in jener Stärke, die der Größe des betreffenden Wertes angemessen ist. In dieser Hinsicht bedarf selbstverständlich jedes Werterlebnis eines. Objektes, auf das es sich bezieht und eines Subjektes, das sich darauf bezieht. Außer von Subjekt und Objekt hängt das Eintreten und insbe- sondere die Stärke der Werterlebnisse auch noch von ziemlich mannig- faltigen Umständen ab, wie zum Beispiel der Anzahl und Beschaffen- heit noch vorhandener Objekte derselben Art oder solcher, die selbst Werterlebnisobjekte sind und zum Ausgangsobjekte in gewissen Rela- tionen stehen und dergleichen. Man könnte Derartiges etwa, soweit es relativ konstant ist, unter dem Namen der „Umgebung" zusammen- fassen, wo dann im allgemeinen ein relativ vorübergehendes Moment, das den Eintritt des Werterlebnisses in der Zeit als letzte Teilursache entscheidet, noch nicht einbezogen ist. Dieses Moment kann passend als Anlaß bezeichnet werden, so daß wir in Subjekt, Objekt, Umgebung und Anlaß dasjenige in Betracht ziehen können, auf das eine thetische Bestimmung etwa Bedacht zu nehmen hätte. Meinong, Zur Grundlegung der allg. Werttheorie. 9