IV. Der Wertgedanke. § 1. Aktual- und Potentialwertbegriff. 123 Werthaltungen gegenüber. Es ist zu vermuten, daß ein Bedürfnis, sich sämtlicher der hier gebildeten technischen Ausdrücke zu bedienen, sich nicht leicht geltend machen wird; dem klaren Einblick in die sich doch erst, wie sich gezeigt hat, etwas sorgfältigerer Analyse erschließende Sachlage möchte es jedoch dienlich sein, die Ausdrücke mindestens zur Verfügung zu haben.[34] IV. Der Wertgedanke. § 1. Aktual- und Potentialwertbegriff, Die Beschreibung der Werterlebnisse, insbesondere der Wertgefühle, dürfte im vorangehenden weit genug geführt sein, um nun direkt die Beantwortung der Frage zu versuchen, in welcher Weise denn die Wert- erlebnisse der Präzisierung des Wertgedankens nutzbar gemacht werden können. Auch hierzu kann der Weg nur durch vorhergehende Erwägung einiger auszuschaltenden Eventualitäten gebahnt werden. Am einfachsten wäre es wohl, wenn man im Werte direkt ein gewisses Werterlebnis oder etwa die Gesamtheit der Werterlebnisse sehen könnte, die sich an ein Objekt knüpfen. Es ist indes zu ein- leuchtend, wie mit „Wert" jederzeit etwas ganz anderes gemeint wird, als daß sich jemand bei einem derartigen Bestimmungsversuch wird aufhalten wollen. Nicht ganz ebenso ist es schon mit einer anderen Position bewandt, die sich sonst auch noch durch ihre Einfachheit und Durchsichtigkeit sehr empfehlen möchte. Könnte man nicht sagen, der Wert eines Objektes bestehe darin, daß es das Objekt irgend eines Werterlebnisses, zum Beispiel einer Werthaltung ausmacht, in welch speziellem Falle man dann etwa kurzweg erklären dürfte, der Wert des Objektes bestehe im Wertgehaltenwerden? Da auch hier das Auftreten eines Wertes mit dem aktuellen Auftreten eines Werterlebnisses untrenn- bar verbunden sein müßte, könnte man den so gebildeten Wertbegriff ganz wohl den Aktualwertbegriff nennen. Auch bei ihm wird man ziem- lich unmittelbar verspüren, wie wenig er billigen Anforderungen genüge- leistet; es ist aber überdies nicht schwer, ganz ausdrücklich auf Gegen- gründe hinzuweisen. Vor allem dürfte es unter Voraussetzung dieser Bestimmung nie- mals vorkommen, daß ein Werterlebnis sich einem Objekte zuwendet, dem nähere Überlegung den Wert absprechen muß. Zwar mag das Kapitel von den Wertirrtümern gar manche Dunkelheiten aufweisen, vielleicht sogar, was noch zu berühren sein wird, den Gedanken des persönlichen Wertes mit belangreicher Unvollkommenheit behaftet zeigen. Soll aber der Gedanke einer wie immer gearteten Irrigkeit beim per- sönlichen Werte nicht a limine ausgeschlossen sein, so kann der Wert eines Objektes nicht schon dadurch ausgemacht werden, daß ein Wert- erlebnis sich diesem Objekte zuwendet. Und so wenig ein Werterlebnis ohne Wert vorkommen könnte, so wenig umgekehrt ein Wert ohne Werterlebnis. Ich hatte aber bereits