114 III. Weiteres zur Wertpsychologie. " Besitzer eines Gegenstandes, dem er bislang ziemlich gleichgültig gegen- übergestanden ist, dahin belehren, daß der Gegenstand einen erheblichen Kunst- oder Antiquitätswert habe, oder ein wertvolles Schmuckstück sei, oder dergleichen, so wird er es normaler Weise bei einem bloßen Urteil über Wert, also einem Werturteil", nicht bewenden lassen, vielmehr nun auch selbst mit der Werthaltung des betreffenden Gegen- standes reagieren. Das lehrt direkte Erfahrung, eventuell auch indirekt das Verhalten unseres Subjektes, das sein Begehren einem solchen Objekte ebenso zuwendet wie einem, auf das es Werthaltungen von der bisher ausschließlich betrachteten Beschaffenheit bezieht. [30] Natürlich liegt auch einer Werthaltung, wie sie sich unter den jetzt gekenn- zeichneten Umständen zuträgt, wie jeder anderen, das Seins-, speziell das Existenzurteil zugrunde; aber dieses hat für sich nicht genügt, die Werthaltung auszulösen, vielmehr mußte noch das Wissen, also das Urteil darüber hinzutreten, daß das Objekt Wert habe. Übertragung von einem Objekt P auf ein Objekt O findet hier selbstverständlich nicht statt, da ein Objekt P gar nicht vorliegt. Dennoch richtet sich die Werthaltung nicht so unmittelbar und gewissermaßen von selbst auf das Objekt O, als wenn das die Gegenstandsvoraussetzung aus- machende Urteil allein genügte. Das Wissen um den Wert tritt gleich- sam vermittelnd zwischen das Objekt und die Werthaltung, so daß man hier ganz verständlich von einer vermittelten Werthaltung wird reden dürfen. Nun ist aber nicht zu verkennen, daß auf diese Benennung die im obigen untersuchten übertragenen Werthaltungen einen ebenso guten, um nicht zu sagen einen noch besseren Anspruch haben, sofern bei ihnen im Übertragungsurteil noch um ein vermittelndes Moment mehr gegeben ist. [31] [Man hat also vermittelte und unvermittelte Wert- haltungen. Unter den vermittelten bilden die übertragenen Werthaltungen eine besondere Klasse; es gibt aber auch unübertragene vermittelte Werthaltungen, sie sind, ebenso wie die unvermittelten, Eigenwert- haltungen. Unter diesen kann man demnach vermittelte und unver- mittelte unterscheiden.] Chr. v. Ehrenfels, der die Termini, unvermittelter und vermittelter Wert" bereits anwendet, hat unter dem Gesichtspunkte der Vermittlung ausschließlich den Fall der Übertragung ins Auge ge- faßt; so konnte oben die Verwendung des Terminus „übertragen" leicht wie eine willkürliche Umnennung erscheinen. Man sieht jetzt wohl, daß sie es nicht war, vielmehr der Ehrenfelssche Ausdruck in seiner Geltung belassen, nur seinem Sinne und den Tatsachen gemäß erweitert ist, indes für das engere Gebiet ein hoffentlich nicht ganz uncharakteristischer Name noch hinzugefügt wurde. 1 Schematisch kennzeichnet sich also der Tatbestand der Vermittlung ohne Übertragung bei den Werthaltungen durch die beiden Voraus- setzungen: „O ist" (insbesondere existiert") und „O hat Wert", wo für die Werthaltung die Richtigkeit des einen Urteils natürlich wieder ebenso unwesentlich ist als die des anderen. Von diesen beiden Urteilen ver- " 1,,System der Werttheorie", Bd. I, S. 75.