§ 4. Übertragung und Vermittlung bei Werthaltungen. 109 immer nur noch mit Werterlebnissen und nicht mit den Werten selbst zu tun haben. Besonders wichtig ist nun aber die Frage, ob sich die Mannig- faltigkeit der Übertragungsfälle, zunächst zum Zwecke möglichst all- gemeiner Beschreibung, einem einheitlichen Gesichtspunkte unterordnen läßt. Sehe ich recht, so fehlt es in der Tat keineswegs an einem solchen Gesichtspunkte und an den Wirkungswerthaltungen dürfte er in besonders greifbarer Weise zu Tage treten. Ursache und Wirkung sind bekanntlich charakterisiert durch ihren Anteil an einem Implikationsverhältnis¹, ver- möge dessen die Ursache sich als ein Implikator, die Wirkung als Implikament2 darstellt. Aber die Kausalrelation ist durchaus nicht die einzige Implikationsrelation, und man dürfte kaum fehlgehen, wenn man behauptet, die Werthaltungsübertragung geht mit jeder Ausgestaltung der Implikationsrelation zusammen, falls die Bedingung erfüllt ist, daß das Implikament Gegenstand einer vom Implikator unabhängigen Wert- haltung ist, der dann mit Rücksicht auf die Werthaltungsübertragung die Rolle einer Stammwerthaltung zukommt. Das ist außer an der Relation zwischen Ursache und Wirkung an der zwischen Bedingung und Bedingtem oder der zwischen Ganzem und Teil ohne weiteres zu verifizieren. Um so deutlicher scheint, daß sich diese Relationen, wie wir sahen, auch umkehren lassen, einer solchen Auffassung entgegen- zustehen. Es fehlt aber doch nicht an einem Gesichtspunkte, der mir die Subsumtion auch dieser Fälle zu gestatten scheint. Der Nachweis zugunsten dieses Gesichtspunktes ist in wenigen Gedankenschritten zu führen. Zwischen den Objekten O und P bestehe die Relation, daß etwa das Sein des O das des P impliziert, so daß O den Implikator, P das Implikament abgibt. Ist nun P das Objekt etwa von Seinsfreude, so überträgt sich diese im Sinne unseres Impli- kations-, respektive Übertragungsgesetzes auf 0. Impliziert aber das Sein des O das Sein des P, so umgekehrt auch das Nichtsein des P das Nichtsein des O. Bezöge sich also die Werthaltung statt auf das Sein des P auf das Nichtsein des O, so müßte sich nach unserem Gesetze auch die Werthaltung vom Nichtsein des O auf das Nichtsein des P übertragen. Geht aber überdies die Nichtseinswerthaltung am O mit ihrem Gegengefühle zusammen, ebenso die Nichtseinswerthaltung am P, so führt die so resultierende Seinswerthaltung am O auch eine Seinswerthaltung am P mit sich, so daß der Tatbestand der Übertragung nunmehr vom O auf das P vorliegt. Es wird der Übersichtlichkeit dienen, die drei bis vier eben dar- gebotenen Beweisschritte noch in symbolischer Aufschreibung vorzuführen. Dabei sei wieder das Seinsobjektiv durch Klammern, die Werthaltung durch Wh bezeichnet und im Bedarfsfalle das Werthaltungsvorzeichen links unten, das Objektivvorzeichen rechts oben notiert. Zur Bezeichnung des Verhältnisses zwischen Implikans und Implikatum sei aus Gründen 1 Vgl. meine Ausführungen „Zum Erweise des allgemeinen Kausalgesetzes“, Wien 1918, S. 43. 2 Über diese Begriffe vgl. a. a. O., S. 45.