§ 4. Übertragung und Vermittlung bei Werthaltungen. 105 einige, die O', das Werthalten des betreffenden Subjektes auf sich ziehen, indes die anderen, die O", dem Subjekte indifferent sind. Dann wird das O im Grunde doch nur um des O' willen wertgehalten und die Werthaltung des O ist sonach auf alle Fälle eine übertragene. So könnte es in der Tat wenigstens auf den ersten Blick erscheinen, aber doch nicht über diesen hinaus. Prinzipiell aus dem Gebiete möglichen Werthaltens sicher nicht ausgeschlossen, nur freilich empirischer Verifikation nicht wohl zugänglich ist schon die Eventualität eines ein- fachen O, das nur noch etwa rein formalistisch und daher nichts- sagend in die Gestalt „etwas, das O ist," aufzulösen wäre. Auch empirisch deutlich sind dagegen die vielen Fälle, wo das O, was immer es übrigens an Bestimmungen in sich schließen mag, durch das Werthalten gleichsam als Ganzes ergriffen wird, so daß die etwa vorhandenen O' und O" bereits mit einbezogen sind und für besonderes Werthalten und Über- tragen desselben von O' auf O eben darum gar keine Gelegenheit mehr übrig bleibt. Immerhin dürfte es insofern kaum angehen, von einem Gegenstande leicht ein für allemal zu behaupten, er werde übertragen oder er werde unübertragen wertgehalten. Aber es wird darüber oft genug aus der Kenntnis der empirischen Sachlage heraus kein Zweifel aufkommen können. Meine eigene Uhr im obigen Beispiel, gleich manchem anderen bewährten Gebrauchsgegenstand halte ich unübertragen wert, nicht minder eine gewisse, sei es ethische, sei es außerethische Ver- haltungsweise, und ebenso auch diesen oder jenen Menschen, ohne mir im mindesten über die Eigenschaften Rechenschaft geben zu wollen oder auch nur zu können, die mich für ihn eingenommen haben. Dagegen steht es natürlich außer Zweifel, daß, wenn man einen Menschen um dieses oder jenes Talentes, dieser oder jener Geschicklich- keit wegen schätzt, die man dann etwa wohl in bestimmter Weise aus- zunützen gedenkt, man es mit übertragenen Werthaltungen zu tun hat. [27] Theoretisch steht ja auch nichts im Wege, alle bisher angeführten Tatbestände übertragener Werthaltung im Gegensatz zur eben durch- geführten Betrachtung als Beispiele unübertragener Werthaltungen auf- zufassen. Wie im obigen neuerlich erwähnt, ist im allgemeinen zu erwarten, daß nicht alle dem Objekte O eigenen Bestimmungen für die Werthaltung gleich wesentlich sein werden, vielmehr den für die Werthaltung maßgebenden Bestimmungen indifferente zur Seite stehen. Wer eines Buches bedarf, fragt nicht leicht, aus welcher Buchhandlung es bezogen ist; wer müde ist, für den macht es keinen Unterschied, ob er sich auf einer Bank oder auf einem Sessel ausruhen kann und so fort. Das Wertobjekt weist eben normalerweise etwas auf, das wir oben den Bestimmungskern genannt haben im Gegensatz zur Bestimmungs- hülle, die sich ändern kann, ohne daß sich an der Werthaltung etwas ändert.¹ Es muß nun möglich sein, jede übertragene Werthaltung der- art zu transformieren, daß sie unübertragen, aber an gewisse Kern- bestimmungen gebunden erscheint: wird zum Beispiel O wertgehalten, 1 Vgl. oben S. 79.