* 104 III. Weiteres zur Wertpsychologie. " ein Urteil sein, dann ist unrichtig, daß man überall auf intellektuellem Gebiete nach dem „Warum" fragen dürfe, und die Forderung des Warum" ist nur aufrecht zu halten, wenn man eventuell auch mit einem Objekt, respektive einer Vorstellung meint zufrieden sein zu dürfen. Und ebenso ist nun vom Werthalten zu sagen: muß das „Warum“ hier ein Werthalten sein, dann ist die Forderung, allemal ein „Warum" namhaft machen zu können, unbillig; sie ist aufrecht zu erhalten, wenn man auch hier etwa mit der bloßen Vorstellung zufrieden ist; dann ist aber der Grund" eben keine, Werthaltung und in der Anwendung des Satzes vom Grunde" in dieser Bedeutung liegt nichts mehr, was auf Übertragenheitscharakter bei allen Werthaltungen hinwiese. 99 " Nebenbei verdient bemerkt zu werden, daß Werthaltungen nicht selten eine Beantwortung der „Warum"-Frage gestatten, ohne daß darin ein Übertragungsfall beschlossen läge. Ich befinde mich im Besitze zweier Taschenuhren, die mir beide von Wert sind, die eine, weil sie die Uhr meines Vaters war, die andere, weil ich sie während des größten Teiles meines Lebens getragen habe. Von diesen beiden „weil“ bedeutet das erste in der Tat eine Übertragung: ich halte die Dinge wert, denen im Leben meines Vaters einige Wichtigkeit zugekommen ist, und weil die in Rede stehende Uhr ein solches Ding ist, übertrage ich die Werthaltung auch auf sie. Dagegen habe ich für mich und meine Gebrauchsgegenstände natürlich keine Pietät; wohl aber hat der Umstand, daß sie mir so lange Jahre gut gedient hat, die Uhr auch ohne Rücksicht auf allfällige neue Leistungen in ein Wertverhältnis zu mir gebracht. Ich halte die Uhr also wert, „weil" sie meine Uhr ist; aber diese Werthaltung ist, obwohl nicht ursprünglich, sondern erworben, doch keine übertragene, so wenig, als etwa eine Übertragung vorliegt, wenn einer das Haus liebt, in dem er aufgewachsen ist, oder den Ort, an dem ihm Liebes begegnet ist und dergleichen, was sich einfach daraus ergibt, daß die Werthaltung da normalerweise ohne Neben- gedanken auftritt, der im Übertragungsfalle doch wohl unentbehrlich wäre. Freilich, wenn ich mein Werthalten einer Taschenuhr zuwende, über die ich mich nachträglich dahin belehren lasse, daß sie der meinen zwar sehr ähnlich, im übrigen aber eine „,fremde" Uhr ist, dann werde ich meine Werthaltung sozusagen zurücknehmen. Aber wenn die Mutter sich von einem Kinde abwendet, das dem ihren zwar ähnlich ist, sich aber als unterschoben herausstellt, wird man daraus die Konsequenz ziehen wollen, daß ihre Liebe zum eigenen Kinde etwas mit Hilfe von Reflexionen Übertragenes sei? Erwägungen, richtige wie falsche, können eben manches zerstören, was sie aufzubauen nicht imstande gewesen wären. Nun könnte man noch etwa versuchen, sich zugunsten ausnahms- loser Übertragenheit zwar nicht auf den Satz vom Grunde, wohl aber auf die Natur des Werthaltungsobjektes O zu berufen. Dieses hat ja, wie bereits zu erwähnen war¹, mancherlei Eigenschaften, von denen 1 Vgl. oben S. 79.