§ 3. Gut und Übel, Glück und Unglück. 95 Bestimmungen ein, so erhält man wieder die obigen acht Fälle. Nennen wir vorübergehend die Bestimmungen des Gutes, respektive des Übels vom Sein aus die Seins-, die vom Nichtsein aus die Nichtseinsbe- stimmung, so können wir beifügen: Bei unserer obigen ersten Auf- stellung über Glück und Unglück wurde für Glück wie Unglück nur je eine Seins- und eine Nichtseinsbestimmung von Gut und Übel heran- gezogen, indes deren je zwei zu Gebote gestanden hätten. Auffällig ist auch noch, daß die beiden, vom Gedanken des Gutes ausgehenden Bestimmungen hinsichtlich des zweiten und dritten Vorzeichens Gleich- heit, die vom Übelgedanken ausgehenden Ungleichheiten aufweisen. Man erkennt daran, daß die erste Aufschreibung über Glück und Unglück in ihrem ersten und letzten Doppelfalle sich auf Güter, im zweiten und dritten Doppelfalle auf Übel bezieht. Wichtiger als das Eingehen auf derlei Spezifikationen der in Glück und Unglück sich darbietenden Sachlage möchte es nun freilich sein, auf die Frage, was Glück und Unglück sonach eigentlich sei, noch eine bündigere Antwort zu geben, als in der bloßen Aufzählung der Einzelfälle gelegen sein kann. Die eben vollzogene Einfügung des Gut-, respektive Übelgedankens stellt sich immerhin als Annäherung an ein solches Ziel dar. Denn eine Aufstellung wie „Glück liegt vor, wenn ein Gut existiert oder ein Übel nicht existiert“ und „Unglück liegt vor, wenn ein Gut nicht existiert oder ein Übel existiert" zeigt die Disjunktion jedesmal auf das Minimum, nämlich auf je zwei Glieder beschränkt. Aber die Disjunktion ist eben am Ende immer noch da und die Theorie hätte natürlich das Bedürfnis, sie zu beseitigen. Dieses Bedürfnis wirklich zu befriedigen, bin ich zur Zeit nicht imstande; aber gerade die allerletzte Formulierung, bei der es ja ebenfalls auf Gleichheit, respektive Ungleichheit der Vorzeichen ankommt, bietet durch den darin gelegenen Hinweis auf die eben zuvor wieder hervor- gehobene Natur von Gut und Übel etwas wie einen Ansatz zur Be- friedigung des Bedürfnisses. Stellen wir nämlich die analoge Frage, worin eigentlich das Wesen von Gut, respektive Übel bestehe, so lautet, wie wir wissen, die Antwort: „Ein Gut ist, was im Existenzfalle Freude, im Nichtexistenzfalle Leid mit sich führt, indes das Übel allemal durch Daseinsleid oder Nichtdaseinsfreude gekennzeichnet ist". Die hier zutagetretende Übereinstimmung zwischen Gut und Glück, Übel und Unglück läßt sich nun auch so aussprechen: Glück, respektive Unglück ist am Objektiv das, was Gut, respektive Übel am Objekt ist. Was das ist, das ist damit nun freilich immer noch nicht gesagt, wenn man nicht mit dem Hinweis auf Vorzeichengleichheit, respektive Vor- zeichenverschiedenheit zufrieden ist. Aber besteht zwischen Affirmation und Lust, Negation und Unlust die bekannte, freilich noch keineswegs in ihrem Wesen aufgeklärte Verwandtschaft, dann liegt im Zusammen- treffen des intellektuell mit dem emotional Verwandten, respektive Entgegengesetzten jedenfalls auch bereits eine einheitliche Charakteristik. Das Zusammentreffen solcher intellektueller und emotionaler Momente könnte dann etwa auf Gegenstände höherer Ordnung führen, an denen