§ 2. Die Gegengefühle. 83 وو auch Freude und Leid zu sagen sein wird, falls man nur vermeidet, den Gedanken an Komplexe, insbesondere Affekte, in die möglichst elementar gemeinte Betrachtung hineinzutragen. Andererseits hat das Sein, auf das die Werthaltungen bezogen sind, je nach dem für die Wertgefühle (im Gegensatz zu den Wissensgefühlen) so wesentlichen affirmativen oder negativen Charakter des es erfassenden Voraussetzungs- urteils entweder positive oder negative Qualität, so daß man im Hinblick hierauf von Seinsgefühlen (das Wort Sein" in engerem Sinne als positives Sein verstanden) und Nichtseinsgefühlen reden darf. Ganz äußerlich kombiniert, ergehen diese beiden Gegensätzlichkeiten die vier Klassen: Seinsfreude und Seinsleid, Nichtseinsfreude und Nichtseinsleid, was sich in einfachen Symbolen übersichtlich zusammenstellen läßt, indem man etwa mit Wh die Werthaltung, mit O deren Objekt, durch Klammern das Objektiv bezeichnet, das Vorzeichen des Objektivs aber rechts oben am Objektssymbol, das Werthaltungsvorzeichen unter dem Werthaltungssymbol anbringt. Man erhält dann: Wh (0+) + Wh (0-) + Wh (0+) Wh (0-) Niemand wird erwarten, daß bei Übereinstimmung im Objekt diese Klassen sozusagen gleichgültig nebeneinander bestehen werden. Was hier zunächst in die Augen fällt, sind gleichsam Störungen in der Möglichkeit des Zusammenseins, kürzer also Unverträglichkeiten, die zu Tage treten, wenn man es mit der Identität des Objektes nur genau genug nimmt. Am Sein eines und desselben Gegenstandes sowohl Freude als Leid zu haben, scheint, für die nämliche Zeit direkt unmöglich¹, für verschiedene Zeiten nicht gerade ausgeschlossen, aber inkonsequent und dem Vorwurfe der Launenhaftigkeit ausgesetzt. Die eben gestellte Forderung ausreichender Genauigkeit betrifft die Tatsache, daß etwa ein Ding zugleich sehr verschiedene Eigenschaften hat, deren manche erfreulich, andere sehr unerfreulich sein können. Derselbe Mensch hat neben guten auch schlechte Seiten, ein Apparat kann erhebliche Leistungs- fähigkeit mit geringer Dauerhaftigkeit verbinden. Unter solchen Umständen hat man es eben eigentlich nicht mit einem Werthaltungsobjekte zu tun, sondern mit deren zweien. Eine Schwierigkeit bleibt dabei freilich immer noch übrig, aus der die Theorie hoffentlich noch Gewinn ziehen wird, weshalb sie hier angemerkt sei. Sind es auch die Eigenschaften eines Menschen, auf die sich meine Werthaltung zunächst bezieht, so geht die Werthaltung doch im Sinne einer schon oft konstatierten, im folgenden noch näher zu betrachtenden Übertragung von den Eigenschaften auch auf deren Träger über. So ist es am Ende doch derselbe Mensch, den ich positiv 1 Mehr als einmal ist schon das gleichzeitige Erleben von Lust und Unlust ganz ohne Rücksicht auf den Voraussetzungsgegenstand für unmöglich erklärt worden, vgl. B. Groethuysen, „Das Mitgefühl", Zeitschrift f. Psych., Bd. 34, 1904, S. 199, Anm. 5. 6*