§ 10. Anhang: Wertgefühl als sekundäre Stellungnahme. 73 29 66 Beispiele, die Wertsetzung vermöge ihres entgegengesetzten Vor- zeichens direkt gegen die Wertgrundlage" richtet, möchte ohne „Spal- tung" das Auslangen zu finden sein. Das Bild ist ja ein völlig anderer Gegenstand als das durch das Bild ausgelöste Gefühl. Daß aber ver- schiedene Gegenstände verschiedene, insbesondere dem Vorzeichen nach auch wohl entgegengesetzte Gefühle desselben Subjektes auf sich ziehen, darin dürfte jedoch auch dann keine prinzipielle Schwierigkeit liegen, wenn der zweite Gegenstand zum ersten in der übrigens ja immerhin eigenartigen Relation steht, selbst ein aus dem ersten Gegenstand bezogenes Gefühl zu sein. Ähnliches wird von minder starken Fällen gesagt werden können, zum Beispiele vom Wertverhältnis zum Staate, das der Autor übrigens in so überzeugender Weise kennzeichnet', und sofern er für jedes Subjekt einen besonderen Gegenstand und dann auch für jeden Gegenstand ein besonderes Subjekt in Anspruch nimmt2, so liegt darin, soviel ich sehe, sicher eine theoretische Abundanz, ohne daß darum die Bedeutung dispositioneller Verschiedenheiten im Subjekte gering angeschlagen werden dürfte. ― Müssen so Bedenken gegen die „Spaltung" 3 noch nicht zu Un- gunsten der doppelten Stellungnahme ausschlagen, so wird diese schon viel direkter durch eine vom Autor selbst hinsichtlich des Wertgegenstandes gezogene Konsequenz betroffen. Hat nämlich, wie eben ausdrücklich zu konstatieren war, „Wertgrundlage" und „Wertsetzung“ jede einen anderen Gegenstand, so ist die Frage, was für ein Gegenstand dann dem aus beiden zusammengesetzten, also dem eigentlichen Werterlebnis zukomme, nächstgelegt. „Für die Wertung als seelischen Vorgang ist“, wie unser Autor ausführt, ,der Gegenstand nur Bewußtseinsinhalt... Indessen geht es nicht an, die . . . intellektuellen Inhalte . . . als rein objektive Gegenstände der Wertung anzusehen. . . Die Wertgrundlage verschmilzt nämlich sozusagen mit dem intellektuellen Inhalt, geht mit ihm eine untrennbare Verbindung ein, und erst diese ist der Gegenstand der Wertung... Der vollständige Gegenstand der Wertung ist also der intellektuelle Inhalt plus der wertgrundlegenden Stellungnahme." Ob der Leser, der hier eher auf die wertsetzende" als auf die „grund- legende Stellungnahme verwiesen zu werden erwartet hätte, überhaupt recht zu folgen vermag? Wie immer es indes bewandt sei, in keinem Falle befindet man sich, soviel ich sehe, mit der Erfahrung im Ein- klange, wenn man zwischen dem Gegenstande der „Grundlage" und dem der Wertung", eben dem Gegenstande des Werterlebnisses, ein für allemal einen prinzipiellen Unterschied in Anspruch nimmt. Wer auf einen Schatz Wert legt, den er besitzt oder zu besitzen meint, der richtet sein Werterlebnis eben auf diesen Schatz als „intellektuellen " 1 A. a. O., S. 343 ff. 2 A. a. O., S. 317, 349. " 3 Deren Inanspruchnahme überdies durch die in der Tendenz der „An- nalen der Philosophie" gelegene Geneigtheit abgeschwächt wird, Fiktionen" aufzudecken, vergleiche a. a. O., S. 346 f., 356 f. 4 A. a. O., S. 348 f. "