56 III. Die Werterlebnisse. auf ein Sosein Wert legen kann, wie es im kategorischen Urteil erfaßt wird: der Vorstand eines Laboratoriums zum Beispiel wird es sich angelegen sein lassen, daß seine Instrumente und Apparate in gutem Stande sind. Solches Sosein kann aber natürlich ebenfalls nicht existieren, sondern nur bestehen. Vom kategorischen Urteil findet man sich von selbst zum hypothetischen und disjunktiven Urteil geführt. Wer zwei Räume durch eine elektrische Klingel oder ein Telephon verbindet, betätigt damit, daß es ihm darum zu tun ist, in dem einen Raume gehört zu werden, wenn er im anderen ein Zeichen gibt. Bei einem Konkurrenzkampfe zwischen drei Bewerbern aber, von denen mir der A und der B als tüchtig, der C als untüchtig bekannt ist, kann ich ganz wohl wünschen, entweder der A oder der B möchte siegen. Nun ist, daß, wenn ein Zeichen gegeben wird, es auch vernommen werde, wieder nur etwas, das zwar bestehen, nicht aber existieren kann, und mit der Disjunktion, daß entweder A oder B siegt, ist es auch nicht anders bewandt. Um Existierendes freilich handelt es sich dabei in diesen Beispielen immer noch, und ganz im allgemeinen wird für den Wert die Existenz nach wie vor die Hauptsache bleiben; will man áber genau sein, so wird man den Wert nicht auf sie einschränken dürfen, sondern den Bestand mit einbeziehen müssen. Dies ist leicht zu leisten, indem man, wo es auf genaue Formulierung ankommt, nicht speziell von Existenz, sondern allgemein von Sein redet. Wertgefühle sind insofern nicht speziell als Existenz-, sondern allgemein als Seinsgefühle zu charakterisieren. [1] § 6. Denk- und insbesondere Urteilsgefühle. Nun dürfte man sich aber bei dieser Aufstellung nicht beruhigen, solange nicht mindestens noch eine Frage beantwortet wäre. Sie betrifft die Art und Weise, wie das sonach für den Wert so bedeutungsvolle Sein, respektive Nichtsein, insbesondere also die Existenz, respektive Nichtexistenz des Wertobjektes mit dem Wertgefühle verbunden zu denken ist. Hierüber hoffe ich nun allerdings bereits gelegentlich meiner ersten werttheoretischen Aufstellungen Beweisendes beigebracht zu haben; doch soll im folgenden versucht werden, das dort Dargelegte noch zu präzisieren und zu vervollständigen. Als nächstliegende Antwort auf die eben formulierte Frage bietet sich nämlich der Hinweis auf kausale Verbundenheit des Wertgefühles mit dem existierenden Gegen- stande dar, etwa nach Analogie dessen, was man sich immer noch gern als das Wesen der Verbindung einer Sinneswahrnehmung mit dem Wahr- genommenen denkt. Sehen oder Hören, so meint man ja wohl, bestehe einfach darin, daß das leuchtende oder tönende Ding im Subjekte Empfindungen hervorruft: ähnlich könnte es nun bewandt sein, wenn, man auf ein Seiendes Wert legt, nur etwa mit dem Unterschiede, daß das durch das Objekt Kausierte diesmal keine Empfindung, sondern ein Gefühl ist. Warum nun ein solcher Gedanke unhaltbar und durch welchen 1 In den „Psych. eth. Unters. z. Wert theorie", § 7.