§ 2. Wert und Begehren. 41 satz zum „Potentialwert" eines bloß Möglichen, weil hinsichtlich der Tatsächlichkeit seines Seins noch Unbestimmten. Bei tatsächlich Nichtseiendem könnte wegen der Verwandtschaft mit dem Aktualwerte von einem „Quasi-Aktualwerte" geredet werden. Diese Ausdrucks- weise vorausgesetzt, läßt sich nun einfach sagen: Wert kann auf poten- tielle Begehrtheit deshalb nicht zurückgeführt werden, weil alle Aktual- werte und Quasi-Aktualwerte außerhalb der Begehrungsschranken stehen, sonach gerade die Fälle ausgeprägtester Wertstellungnahme der in Rede stehenden theoretischen Auffassung Widerstand leisten. Nun läßt sich aber dem Gedanken der potentiellen Begehrtheit eine Wendung geben, die den Versuch, den Wert durch ihn zu bestimmen, von dem eben aufgedeckten Mangel befreit. Es hat ja einen guten Sinn, ein Ding begehrbar zu nennen um seiner Natur willen, ohne Rücksicht darauf, ob es existiert oder nicht, Sein oder Nichtsein eines Dinges gehört ja, einigermaßen genau genommen, nicht zu dessen Beschaffen- heit. Weil also ein Ding so und so beschaffen ist, deshalb kann man von ihm sagen, es habe die Eignung, begehrt zu werden, wie immer es mit seinem tatsächlichen Sein oder Nichtsein bewandt sein mag. Eine solche Begehrbarkeit in Ansehung der natürlichen Beschaffenheit oder Qualität, im Bedarisfalle könnte man kürzer, obwohl nicht ganz deutlich sagen: die qualitative Begehrbarkeit eines Objektes könnte nun mit dessen Wert zusammenfallen [9]. Aber man fühlt sich sogleich versucht, dieser verbesserten Wertdefinition etwas entgegen- zuhalten, was auch schon auf die unverbesserte anwendbar gewesen wäre. Sagt jemand in ihrem Sinne, Wert habe etwas, weil es begehrt wird oder begehrt werden könnte, so spürt jeder Unbefangene die Unnatur einer solchen Aufstellung, die er dahin zu berichtigen das Bedürfnis haben wird, daß das Ding vielmehr umgekehrt deshalb begehrt werden könne, weil es Wert habe. Der Wert manifestiert sich hierin dem Begehren gegenüber seiner Natur nach als das logisch Frühere. Das ist ein Verhältnis, das der Gefahr, verkannt zu werden, freilich in besonderem Maße ausgesetzt zu sein scheint, so daß man, an der äußerlich ja wirklich so leicht ins Werk zu setzenden Umkehrung keinen Anstoß genommen und das Frühere zum Späteren gemacht hat. Die Gefahr, das zu verkennen, wird in unserem Falle dadurch noch besonders nahegelegt, daß ein auf ein Objekt gerichtetes Begehren diesem in der Tat leicht noch einen neuen Wert erteilen kann. Die Erfüllung eines Begehrens befriedigt, auch sofern das Begehrte, wenn es ohne Begehren einträte, unbefriedigt ließe; auch wird ein durch eine Weile festgehaltenes Begehren dessen Objekt leicht begehrenswerter erscheinen lassen. Das alles aber trägt sich erst zu, wenn bereits begehrt wird; für das Begehren aber kommt in Betracht, daß sein Eintreten an Bedingungen geknüpft ist, ähnlich, wenn ich recht sehe, denjenigen, an die das Auftreten eines Urteils geknüpft ist. Man kann nicht urteilen, wenn nicht ein zu Beurteilendes präsentiert ist, einfachst also, wenn nicht vorgestellt wird. Sollte das eine „logische" Forderung sein, so wird sich dieser wohl auch die Psychologie nicht entziehen