§ 5. Rückblick. Die Beziehungen zum Subjekte. 33 wie wir gesehen haben, ein Bedürfnis nach etwas wäre. So tritt in Bedürfnis wie in Nützlichkeit neben dem objektiven Momente noch ein subjektives zutage. Näher wird im Gedanken der Nützlichkeit dem Objekte eine Beziehung zum Subjekte, im Gedanken des Bedürfnisses dem Subjekte eine Beziehung zum Objekte zugeschrieben. Daß nun auch im Wertgedanken nicht nur das objektive, sondern auch das subjektive Moment vertreten ist, steht mindestens für den persönlichen Wert außer Zweifel. Nicht minder deutlich ist, daß er in Betreff dessen, was ich eben den Standpunkt der Betrachtung genannt habe, nicht der Analogie des Bedürfnisses folgt, sondern der der Nützlichkeit, indem er nicht vom Subjekte, sondern vom Objekte prädizierbar ist. Und indem es sonach eine Beziehung zum Subjekt ist, vermöge deren ein Objekt, analog wie es bei der Nützlichkeit der Fall ist, für wertvoll gilt, so ist damit bereits die Vermutung nahegelegt, das für Werttatbestände eigentlich Charak- teristische werde nicht so sehr im Objekt als im Subjekt zu suchen sein. Damit stimmt aufs beste die, wie es scheint, ganz unbegrenzte Mannigfaltigkeit möglicher Wertobjekte. Es gibt wahrscheinlich nichts Wirkliches und nichts, was wirklich sein könnte, dessen Beschaffen- heit ihm verwehrte, unter ausreichend günstigen Umständen ein Wert- objekt abzugeben. Das wird schon durch die Beziehungen gewährleistet, in denen das Objekt zu anderen Objekten stehen oder in die es treten kann, vermöge deren ihm bald positiver, bald negativer, bald höherer, bald niedrigerer Wert zukommt, was zugleich erkennen läßt, daß nicht nur die Beschaffenheit möglicher Wertobjekte, sondern sogar Wertgröße und Wertvorzeichen bei demselben ungeänderten Objekte eine mindestens sehr weitgehende, vielleicht vorgängig gar nicht in bestimmte Grenzen einzuschließende Veränderlichkeit aufweist. Damit ist natürlich die Aus- sicht, an sämtlichen Wertobjekten ihrer absoluten Beschaffenheit nach einen übereinstimmenden Zug aufzufinden, der sie als Wertobjekte charakterisierte, so gut wie verschlossen. Es gilt sonach vom persön- lichen Werte, was St. Witasek treffend von der Schönheit oder eigent- lich allgemeiner von den „ästhetischen Eigenschaften" im gewöhnlichen Wortsinne dargelegt hat2: gleich diesen liegt auch jener, obwohl er ohne Zweifel eine Eigenschaft an den betreffenden Objekten ausmacht, in gewissem Sinne doch auch außerhalb dieser Objekte. Und wie die Ästhetik das Charakteristische, das sie in den Objekten für sich ver- gebens gesucht hat, in einem Subjekte, genauer in gewissen Erlebnissen des Subjektes aufzuzeigen bemüht ist, so wird auch die Werttheorie kaum fehlgehen, wenn sie zum Zwecke der Charakteristik der Wert- tatbestände vor allem nach einem ausreichend charakteristischen Erlebnis sucht. Ich will dieses Erlebnis als Werterlebnis" bezeichnen und kann dann unsere nächste Aufgabe so formulieren: es gilt, die Natur des Werterlebnisses oder, falls es deren mehrere sind, was vorgängig " 1 Über die Eventualität außerwirklicher, weil idealer Wertobjekte vgl. unten II, § 5. ― 2 Grundzüge der allgemeinen Ästhetik, Leipzig 1904, S. 15 ff, ein Vorbehalt wird später zu nennen sein. Meinong, Zur Grundlegung der allg. Werttheorie. 3