§ 4. Wert und Opfer, Kosten, respektive Arbeit. 27 als recht teuer einzukaufen, indes die Praxis jedesmal, wo zwischen gleich leistungsfähigen Dingen, die gleichwohl verschieden im Preise stehen, zu wählen ist, unbedenklich das wohlfeilere vorzieht und diesem hiedurch den größeren Wert zuerkennt. Derlei mehr praktischen Konsequenzen stehen aber auch noch theoretische zur Seite, die besonders deutlich erkennen lassen, wie fern doch die Opfertheorie in der uns beschäftigenden Deutung bereits den lebendigen Werttatsachen steht. Nichts ist an diesen auch schon einer oberflächlichen Beobachtung so auffällig wie ihre Veränderlichkeit im Zusammenhange mit oft ganz zufälligen, das heißt dem Wertobjekte äußerlichen Umständen; was aber an Kosten oder Arbeit in einem Dinge gleichsam beschlossen liegt, das ist daran so unveränderlich, wie irgend sonst ein Stück seiner Vergangenheit; der Wert eines Dinges haftete nach der Opfertheorie diesem an als ein character indelebilis. Und so weit geht die Entfremdung von den Tat- sachen, daß der in Rede stehenden Auffassung, falls man nur die zu- vor erwähnte Ausschließung jedes anderen Subjektes als des an der Arbeit beteiligten außer Betracht läßt, geradezu das so grundlegend charakteristische Moment der Persönlichkeit des Wertes verlorengegangen wäre. Seine Vergangenheit hat ein Ding nicht mehr „für" dieses als für jenes Subjekt; was in diesem Sinne Wert hat, scheint ihn für jedermann gleich sehr haben zu müssen, mit anderen Worten: ein durch vergangene Opfer konstituierter Wert wäre kein persönlicher Wert mehr. Versuchen wir also, ob sich die Dinge günstiger gestalten, wenn wir statt der vergangenen die künftigen Opfer in Rechnung ziehen. Fürs erste hat man das Gefühl, daß die Position durch den Übergang auf das Bevorstehende an innerer Vernünftigkeit gewinnt: denn daß man ceteris paribus auf dasjenige mehr Wert legen wird, das im Ver- lustfalle schwerer zu ersetzen wäre, das klingt ja im Grunde ganz plausibel. Aber sieht man etwas näher zu, so erkennt man bald genug, um welchen Preis dieser Schein von Vernünftigkeit erkauft ist: was man damit auf sich nimmt, ist ein fehlerhafter Zirkel oder vielmehr, es sind deren zwei. Zunächst drängt sich hier besonders deutlich ein Moment der Beachtung auf, dessen oben im allgemeinen bereits gedacht worden ist: sollte der Wert durch die unter Umständen zu gewärtigenden Opfer wirklich erst ausgemacht werden? Sollte die Tatsache, daß etwas im Verlustfalle schwer zu ersetzen wäre oder auch, daß es zu seiner Erhaltung erhebliche Kosten oder Arbeit erfordert, wirklich für sich allein einem Dinge besonderen Wert verleihen? Die Praxis urteilt jeden- falls anders. Niemand wird, wenn er sich eine Schreibmaschine an- schaffen will, ein System wählen, bei dem allfällige Reparaturen mit besonders großen Schwierigkeiten verbunden wären. Und niemand wird, wenn er zur Ausübung seines Berufes sich entweder auf ein Reitpferd oder auf ein Zweirad angewiesen findet, das letztere deshalb nicht wählen, weil es weder Futter noch Wartung braucht. Aber weiter, und damit kommen wir eigentlich erst auf das handgreiflichst Entscheidende: es gibt viele Dinge, die schwer oder gar nicht ersetzbar sind, und