§ 3. Wert und Nützlichkeit. 21 seitigen. Fanden wir eben dasjenige nützlich, was als wie immer geartete Teilursache eines Nutzens auftritt oder auftreten kann, so braucht man nun einem solchen Nützlichen nur in dem Maße Wert zuzusprechen, als die Realisierung des Nutzens gerade an diesem Dinge und keinem anderen als an seiner Bedingung hängt. Tut man dies, so ist leicht zu erkennen, wie die in Rede stehenden Unzukömmlichkeiten entfallen. Das Wasser, das ich trinke, die Luft, die ich einatme, bringen mir in ihrer Weise großen, eventuell vitalen Nutzen; man könnte aber nicht sagen, daß dieser Nutzen gerade an ihnen hängt, derart, daß, wenn sie nicht da wären, auch der Nutzen nicht verwirklicht würde. Hätte ich das Wasser im Becher ausgeschüttet, statt getrunken, dann hätte ich mir eben unter gewöhnlichen Umständen ein anderes Wasser aus der Quelle oder dem Brunnen geschöpft, und nur wenn dies ver- möge Wassermangels ausgeschlossen gewesen wäre, hätte die Stillung meines Durstes an dem Wasser im Becher gehangen, dann aber wäre auch der Wert des Wassers ein seinem Nutzen entsprechender gewesen. Ähnlich wird es mit Eisen und Gold stehen. Es sind ohne Zweifel sehr wichtige Leistungen, bei denen ich des Eisens nicht entraten kann, aber das kommt dem Werte dieses oder jenes Stückes Eisen wenig zu statten, weil, wenn mir das eine Stück abhanden kommt, leicht genug ein zweites an Stelle des ersten in Verwendung genommen werden kann. Die Leistungen des Goldes mögen dagegen an sich keinen gleich großen Nutzen repräsentieren wie die des Eisens, aber der Ersatz eines fehlenden Stückes durch ein anderes ist hier um so vieles weniger leicht, daß man sehr wohl begreifen kann, wie, wenn es sich um die Größe des von diesem Stücke abhängigen Nutzens handelt, sich das gegebene Gold dem gegebenen Eisen überlegen zeigt. Bestimmt sich also der Wert auch nicht nach dem Nutzen kurzweg, so könnte er sich doch ganz wohl nach einer Art Determination des Nutzens, man möchte vielleicht sagen dem abhängigen Nutzen,¹ bestimmen. Stellt man, etwa nur zum Zwecke vorübergehender Verständigung, im Hinblicke hierauf der Nützlichkeit kurz die „abhängige" Nützlichkeit gegenüber, so kann man einfach sagen: Wert ist zwar nicht Nützlichkeit kurzweg, wohl aber diese abhängige" Nützlichkeit. Darf man nun aber auch wirklich darauf rechnen, daß jeder Wert- fall sich dieser abgeänderten Charakteristik fügt? Man kann mit Recht auf eine Rose Wert legen um ihres Aussehens oder um ihres Duftes willen. Aber worin besteht hier eigentlich der Nutzen, den sie stiften und der eventuell auch von ihr abhängen kann? Das, wozu mir die Rose hier verhilft, ist ein Gefühl von Befriedigung, ein Lustgefühl im weiten psychologischen Sinne; das aber nennt niemand einen Nutzen. Darum sagt man auch ganz natürlich von der Rose, sie sei mir angenehm, nicht aber, sie sei nützlich; und ganz im allgemeinen läßt das natürliche 1 Es ist im Grunde natürlich kein anderer Gedanke als der, von dem die moderne Nationalökonomie unter dem Namen des Grenznutzens so umfassende Anwendung macht. Vgl. auch meine Ausführungen,,Über Werthaltung und Wert“, Archiv f. systemat. Philos., 1895, Bd. I, S. 333 ff.