Methodisches zur Einleitung. 3 werden können. Ergibt eine derartige Konstruktion schon günstigen Falles einen Gegenstand als fiktive Bedeutung, an den der Redende beim Wortgebrauche zunächst nicht gedacht hat, so muß ungünstigen Falles, um die Konstruktion überhaupt zu ermöglichen, eventuell ein Teil des durch den Gebrauch gegebenen Anwendungsgebietes aufgegeben, eventuell auch ein bisher nicht einbegriffenes Gebiet neu einbezogen werden. Das sind die Fälle, in denen die Theorie einen Wortgebrauch ex definitione einschränkt oder erweitert, wobei die Anforderungen noch nicht berücksichtigt sind, die an das in einer solchen Definition vereinigte Material nach Eignung zum Charakterisieren, nach Schärfe, Reichtum an Konsequenzen und so fort gestellt werden müssen, wenn den Aufgaben theoretischer Bearbeitung damit gedient sein soll. Daß dabei von der vielberufenen Definitionsfreiheit wenig genug übrig bleibt, versteht sich; in der Tat besagt ja diese Freiheit im Grunde nicht viel mehr als dies, daß Definitionen von Natur keine Urteile¹ und daher den durch die Rücksicht auf die Wahrheit diesen gebotenen Beschrän- kungen nicht unterworfen sind.[2] Zusammenfassend könnte man also die Leistungen einer Definition, durch die mit Hilfe eines Terminus ein Gegenstand in die theoretische Bearbeitung eingeführt werden soll, etwa so kennzeichnen: die Defini- tion hätte von Haus aus nur anzugeben, was man sich bei dem be- treffenden Worte denkt; sie muß sich eventuell, obwohl dieser Leistung jederzeit nach Möglichkeit nahe bleibend, begnügen, anzugeben, was man bei dem Terminus angesichts seines Anwendungsgebietes denken könnte oder wenigstens im Interesse theoretischer Brauchbarkeit des unter diesem Terminus eingeführten Begriffes denken sollte, wo dieses „Sollen" selbst immer noch ein Sammelname für sehr verschieden- artige Erfordernisse bleibt. Daß auch die drei Hauptleistungen, die Rücksicht auf Denken, Denkenkönnen und Denkensollen untereinander in einen Konflikt treten können, dem gegenüber die Entscheidung zu- gunsten der einen oder der anderen Rücksicht zu treffen, nicht immer frei von arbiträrem Dafürhalten sein wird, versteht sich. Immerhin wird es aber definitorischen Festsetzungen, wie sie zu Anfang einer theoretischen Dårlegung besonders häufig unvermeidlich sind, zu statten kommen, wenn man sich über die Leistung klar ist, um deren willen man sich für diese und gegen jene Definition entscheidet. Als prak- tische Verfahrungsweise zur Gewinnung solcher Begriffs- oder Wesens- bestimmungen aber dürfte sich, wo nicht etwa eine Wortbedeutung, die auch sonstigen theoretischen Anforderungen entspricht, von heraustritt, empfehlen, zunächst das durch den Gebrauch tatsächlich vorgegebene Anwendungsgebiet des betreffenden Terminus abzustecken, um, falls die Feststellung einer ebenfalls vorgegebenen und theoretisch brauchbaren Wortbedeutung nicht gelingt, an Stelle einer Rekonstruk- tion die Neukonstruktion und ausreichende theoretische Adaptation einer geeigneten Wortbedeutung vornehmen zu können. 1 Vgl.,,Über Annahmen", 2. Aufl., S. 271 f. selbst 1*