80 auch ohne Forderung, der Natur der Sache nach, immer zu;¹) vielmehr ist es eine Unmöglichkeit, eine Klasse ohne definierendes Objektiv zu erfassen. Ohne Erfassen einer Klasse gibt es aber auch kein Erfassen der Einordnung, kein Vornehmen logischer Operationen". Wenn also das (synthetische oder analytische) Definieren (in dem hier geltenden allgemeinen Sinne) die Gesetze der Logik schon voraus- setzt, so gilt das auch vom Erfassen von Klassen. Zum Glück ist aber dieser Umstand, der die Möglichkeit eines Betriebes der Logik über- haupt zu gefährden scheint, in der Tat völlig belanglos für ihn; und eben daß es eine Wissenschaft der Logik gibt, beweist das. Die Gesetze richtigen Denkens sind ja bei allem richtigen Denken vorausgesetzt"; das heißt aber nicht, daß ihre Kenntnis Bedingung des richtigen Denkens ist, sondern nur, daß ihre Erfüllung oder Befolgung es ist und diese ist an jene Kenntnis nicht gebunden. " 19 Was endlich die Unsicherheit der Grundlage betrifft, auf die sich die Inhaltslogik stelle, nämlich der Theorie des Begriffes, deren Unzu- länglichkeit der zweite Einwand hervorhebt, ist zweierlei zu sagen. Zu- nächst erkennt man ohne weiteres, daß die objektivtheoretische Logik um eine andere „Inhaltslogik" handelt es sich hier nicht ihrem rein gegenständlichen, also auch ihrem symbolischen Teile nach von aller psychologischen und auch von aller erfassungstheoretischen Begriffslehre völlig unabhängig ist: unabhängig von Ansichten und Meinungen über das Wesen der Begriffsbildung und des Begriffes als eines psychischen Erlebnisses oder einer psychischen Disposition (die man besitzt, wenn man von etwas einen Begriff hat"). Dergleichen kommt nur für den erfassungstheoretischen und -praktischen Teil der als Lehre vom richtigen Denken betriebenen Logik in Betracht, und bildet auch hier nicht eine Voraussetzung, sondern ein Ergebnis logischer Forschung. Und das, was aus der gegenständlichen Theorie des Begriffes, aus der Lehre von Be- griffsinhalt", Begriffsgegenstand und Zielgegenständen des Begriffes (von Definitionsobjektiv, Definitionsgegenstand, Klasse und Dingen der Klasse) als Grundlage des Logikbetriebes anzusehen ist (zum Teil ist es auch erst dessen Ergebnis), das konnte hier in einer hoffentlich den ersten Bedürfnissen Genüge leistenden Weise dargelegt werden. Übrigens aber ist es, wie aus dem wesentlichen Zusammenhange von Definitionsobjektiv und Klasse hervorgeht, nicht minder auch Grundlage des Klassenkalküls. Mit dieser letzten Feststellung kommen wir nun zurück zu jenem zuerst angeführten Bedenken: daß die objektivtheoretische neben der Umfangslogik überflüssig sei. Aus dem eben Dargelegten geht hervor, daß die auch für die Umfangslogik grundlegenden Erkenntnisse über Klasse und Ding der Klasse ohne Berücksichtigung des Objektivs nicht zu gewinnen sind; und dasselbe gilt von den spezifisch aussagen- theoretischen" Voraussetzungen, die der Logik (des Umfanges" wie des Inhaltes") als einem System von „Aussagen", das heißt von be- stimmten Objektiven vorausgeschickt werden müssen. 2) Andererseits hoffe ich durch die ganze vorliegende Untersuchung mag sie auch im ein- zelnen der Kritik noch so viele Angriffspunkte bieten doch für die 17 77 ―――――――――――――― ――― - -- 1) Selbstverständlich machen auch „negative Begriffe" keine Schwierigkeit: auch ein negatives Objektiv definiert eine Klasse. 2) Vgl. Schröder-Müller, Abriß der Algebra der Logik, I. Teil, insbesondere zum Beispiel § 11.