78 richtige Inhaltslogik zu stellen ist, durchaus genügt, und das in einer Weise, die auf Grund eines einzigen, einfachen Prinzips jede Formel der Umfangslogik in sie zu übertragen gestattet. Andererseits aber könnte aus eben dieser Tatsache der Schluß gezogen werden, daß diese Inhalts- logik neben der Umfangslogik entbehrlich sei, ja daß die Einführung der inhaltlichen" oder besser objektivtheoretischen Betrachtungs- und Bezeichnungsweise den Betrieb der Logik nur überflüssigerweise kom- pliziere und erschwere. Ehe auf dieses Bedenken Rücksicht genommen wird, sei zunächst einiger weitergehender Einwände gedacht, die gegen den Gedanken einer exakten Inhaltslogik erhoben worden sind. Ich will sie hier kurz for- mulieren: 1. Das Unternehmen, den logischen Kalkül inhaltslogisch zu ent- wickeln, stelle ein Hysteronproteron auf, da es eine begriffliche Erfassung oder Definition der Gegenstände und Gegenstandsbereiche, mit denen operiert werden soll, voraussetze, indes doch solche Erfassung sich oft erst als Erfolg unserer auf diese Gegenstände gerichteten Untersuchungen ergebe, jedenfalls aber die Gesetze der Logik schon voraussetze.¹) 2. Die Inhaltslogik sei auf eine unsichere Grundlage gebaut. Denn das Wesen der Begriffsbildung sei noch keineswegs in befriedigender Weise festgestellt und es fehle eine genügende Theorie des Begriffes.2) 3. Die Inhaltslogik sei gezwungen, entweder ihre Untersuchungen auf inhaltlich ausreichend gekennzeichnete Gebiete einzuschränken oder, indem sie darüber hinausgeht, unkonsequent zu werden.³) Ich habe mir nicht die Aufgabe gestellt, irgendeine noch nicht ganz bestimmte, klar vorliegende oder gar jede Inhaltslogik gegen diese Einwände zu verteidigen; aber ich habe zu zeigen, daß die objektiv- theoretische Logik ihnen nicht unterliegt und lege wenig Gewicht darauf, ob man dann für diese den Namen einer Inhaltslogik der ihr oben als nächstliegende Bezeichnung beigelegt worden ist noch wird gelten lassen oder nicht. -- 3) A. a. O. S. 100. 4) A. a. O. I. Bd., S. 623. - Nicht nur wenn es gilt, die objektivtheoretische Logik bloß gegen Schröder zu verteidigen, dessen großem Werke ich die angeführten Einwendungen entnommen habe, wird der Hinweis auf seine eigene, schon zitierte Bemerkung von der „Transskription" des Klassenkalküls in die von ihm sogenannte „extensive Schreibung❝4) und die Bemerkung, kalkül nicht trifft. Voigt betrachtet den Inhalt des Begriffes als Klasse seiner Merk- male (wobei denn sofort die Frage Schwierigkeiten macht, welche Merkmale, ob nur die konstitutiven" oder auch „,konsekutive" als Dinge dieser Klasse anzusehen seien). Er zeigt dann, daß bei dieser Auffassung der Inhaltskalkül dem Klassenkalkül nicht konform wäre, sondern daß er ein Gruppenkalkül sein müßte. In ihm gäbe es keine Operation, die die Addition der Klassen inhaltslogisch wiedergäbe (Schröder, a. a. O. S. 413) und die „Summe“ zweier Inhalte enthielte mehr Merkmale als die beiden Summanden" zusammen enthalten. Im Objektivkalkül ist nun ein „Inhalt" ein Objektiv und die „Merkmale" sind Implikate dieses Objektivs und wieder Objektive. Sie stehen dem „Inhalte" nicht so gegenüber wie Dinge ihrer Klasse, sondern (for- mal) so, wie Unterklassen ihrer Klasse gegenüberstehen. Und daß eine Klassensumme auch Unterklassen hat, die nicht Unterklassen der einzelnen Summanden sind, ist nichts Befremdliches und bildet das formale Analogon dazu, daß eine Objektivsumme auch Folgen hat, die nicht Folgen der einzelnen Summanden sind. (Vgl. 63, Zus.) 1) Vgl. Schröder, Algebra der Logik, I. Bd., S. 88 f. 2) A. a. O. S 98f.