73 27 Bei einer Untersuchung, die geradezu auf Wirkliches abzielt, werden auch die unbekannten Erfahrungstatsachen implicite vorausgesetzt, indem wir die Wirklichkeit meinen, wie sie eben tatsächlich ist"; und so sind der Erfahrung widerstreitende Objektive, mögen sie auch im Bereiche des Bestehenden Geltung haben, in einem solchen Gebiete, das heißt, durch die stillschweigend gemachten" Voraussetzungen zu bestimmten Objektiven ergänzt, als Untatsachen (I) anzusehen. 27 § 38. Fortsetzung: „Reine Mannigfaltigkeiten.“ Von jedem Dinge der Klasse A gilt der Grundsatz (J₂) der Indivi- dualität: was unter ein solches Ding A fällt, ist mit ihm äquivalent, ja identisch. Die Klasse A aber enthält abgesehen von dem Grenzfalle, daß sie überhaupt nur ein Ding umfaßt immer Dinge, mit denen sie nicht äquivalent ist, das heißt, sie genügt dem Grundsatze der Indivi- dualität (als Klasse) nicht. Das definierende Objektiv a des Begriffs- gegenstandes A definiert auch (in einem anderen Sinne) die Klasse A. Aber während das Objektiv a an einem Dinge von A in einem a im- plizierenden vollständigen Objektivkomplexe (in einem individuellen Falle) vertatsächlicht ist, kommt dasselbe Objektiv a der Klasse A (wie dem Abstraktum A) nicht als Implikat eines vollständigen Objektivkomplexes zu (nicht in einem Falle vertatsächlicht). Die konkrete Beschaffenheit eines einzelnen Dinges A impliziert das Objektiv a an dem Dinge, und außerdem noch andere Objektive, die ihrerseits a implizieren, ohne von a impliziert zu sein. Das Objektiv a als definierendes Objektiv oder Determinator des Begriffsgegenstandes oder auch der Klasse A ist da- gegen in keinem anderen Determinator von A, sondern nur in a selbst impliziert, obwohl es noch Objektive gibt, die a implizieren, ohne mit a und ohne mit I äquivalent zu sein. Das definierende Objektiv eines Begriffsgegenstandes (Formdeterminates) und der zugehörigen Klasse ist eben kein vollständiger Objektivkomplex, wir können es als einen „un- vollständigen Objektivkomplex" und demgemäß sein Determinat und die zugehörige Klasse als unvollständig bestimmte, oder kurz „un- vollständige Gegenstände" 1) bezeichnen und daran den Grundsatz knüpfen, daß ein Objektiv nur als Implikat eines vollständigen Objektiv- komplexes (durch ein "Ding", also durch einen vollständigen Gegenstand, der diesen erfüllt) erfüllt wird. So ist zum Beispiel das Vierecksein nur in vollständigen Objektivkomplexen, den konkreten Beschaffenheiten der einzelnen individuellen Vierecke, erfüllt, während für die Klasse der Vierecke und ebenso für „das Viereck" (in abstracto, den unvollständigen Gegenstand Viereck") nichts als Determinator in Betracht kommen, nichts bestimmend oder definierend sein kann, was nicht im Vierecksein formal eingeschlossen wäre, und während doch offenkundig ist, daß kein Ding bloß Viereck (und was daraus folgt) und nichts darüber (tatsäch- lich) sein kann. Die Klasse der Vierecke ist zum Beispiel ebenso wie der unvollständige Gegenstand Viereck" durch ihr Definitionsobjektiv hinsichtlich der Gleichheit oder Ungleichheit von Seiten und von Winkeln 99 " - ― 1) Zum Begriffe des unvollständigen Gegenstandes vergleiche Meinong, Über die Stellung der Gegenstandstheorie im System der Wissenschaften, Leipzig 1907, § 21.