74 II. Die Werterlebnisse. Inhalt" im obigen¹ Sinne und sonst auf nichts und es fehlt, soviel ich sehe, jeder Grund, ein solches Erlebnis anders als etwa vermöge will- kürlicher Konvention für ein bloß unvollständiges Werterlebnis zu nehmen. [22] "9 " Was so die Berücksichtigung des gegenständlichen. Momentes ergibt, findet bei direkter Betrachtung der Erlebnisse selbst seine volle Verifikation: die Stellungnahme zur Stellungnahme", so gewiß sie ein- treten kann, fehlt doch ebenso gewiß in tausend Fällen, denen niemand den Charakter der Werterlebnisse abspricht. Und selbst wenn man von der Forderung einer bestimmten Relation der zweiten Stellungnahme zur ersten absieht, möchte schon die bloße Zweiheit der Stellungnahmen mit der Empirie nicht in Einklang zu bringen sein. Auf den Schatz mag man noch immerhin Wert legen um des Wertes willen, den man auf die Macht legt, die der Reichtum mit sich bringt. Minder unge- zwungen ergibt sich aber die Zweiheit der Stellungnahmen schon bei dem wiederholt gebrauchten Beispiel vom Andenken an den teuren Verstorbenen. Oder sollte hier die Wertschätzung des Verstorbenen eine Art Grundlage" für die Bewertung der Reliquie abgeben? Aber zum mindesten ist die Werthaltung des Verstorbenen selbst eben auch eine Werthaltung, und man wird leicht genug in Verlegenheit kommen, wenn man etwa das Verhältnis zu ihm auf bestimmte Eigenschaften zurück- führen soll, deren Werthaltung der Werthaltung der Person vorher- gegangen wäre und jedenfalls wird die den Tatsachen entsprechende Reduktion bald genug ihr Ende finden. Im Gesagten liegt bereits ein- geschlossen, wie es mit den Gefühlen der Liebe, Freundschaft, Ver- ehrung ganz im allgemeinen bewandt ist: sie sind gewiß nicht bloß Wertgefühle, schließen aber ohne Zweifel Wertgefühle in sich; diese können unter Umständen auch „interessiert" sein, wie man zu sagen pflegt, und aus den so zur Geltung gelangenden Interessen heraus ihre Begründung finden. Aber oft genug wird, wenn man dem Zeugnis der Empirie trauen darf, solche Begründung fehlen und dann fehlt in letzter Linie auch die Zweiteiligkeit. Noch durchsichtiger, weil einfacher, steht es mit vielen altrui- stischen Werthaltungen2, denen, wie noch näher darzulegen sein wird, eigen ist, daß sie seitens des Ego deshalb auf ein Objekt gerichtet werden, weil der Alter dieses Objekt werthält. Das sieht auf den ersten Blick immerhin wieder wie Wertgrundlage und Wertsetzung aus. Aber für die beiden „,Stellungnahmen im Sinne Müller-Freienfels', ist doch sicher die (höchstens durch Spaltung" abgeschwächte) Identität des stellungnehmenden Subjektes erforderlich: diese fehlt hier jedoch, so daß seitens des allein maßgebenden Ego jedenfalls nur eine einzige Stellungnahme vorliegt. Daß es dann bei ethischen Werten, nicht minder beim Werte, den man darauf legt, geliebt, geehrt, verstanden " 1 Natürlich mit dem hier und sonst von mir eingehaltenen Wortgebrauche nicht übereinstimmenden 2 Vielen, nicht allen, weil es auch bei ihnen eventuell Werthaltungs- übertragung gibt, von der weiter unten die Rede sein wird. (III, § 4.)