79 bestandes, wie auf der des gewollten Sachverhaltes. Bei solchem raschen Erfassen bleibt das meiste unbewußt und nur dispositionell vertreten, aber deshalb doch wirklich vertreten, durch die Dispositions- grundlagen nämlich, die sich in solchem Tun einsetzen. So können wir denn auch nachträglich etwa genauer angeben und ausführen, wie es gemeint war. Für die Beurteilung der Richtigkeit und die Bewertung eines Wollens aber ist eben das maßgebend, wie es gemeint war. Hierin erst und nicht in einem vorgegebenen Leitgedanken ist in den meisten Fällen das gelegen, was man die Maxime dieses Wollens nennen kann. Aber die Forderung, nach bestem Wissen zu wollen, verlangt auch, sich nicht einfach nach dem eben vorliegenden Aspekte be- stimmen zu lassen, sondern den vollständigsten erreichbaren auf- zusuchen. Hier leitet uns ein Takt, der seinem Wesen nach wenig bekannt ist, die Bestimmungen des Falles aufzufassen, die für die Möglichkeit des Eintretens eines bestimmten Erfolges, hier die Be- währbarkeit des Wollens, gerade die wesentlich maßgebenden sind. " Die Urteile, die unser Wollen bestimmen, haben es wenig aus- drücklich mit Erfolgsmöglichkeiten zu tun. Es wird etwa die Wahr- scheinlichkeit der Erreichung des Einzelzieles erwogen auch sie kommt zumeist nur in der Stärke des Erwartens zur Geltung aber die Bewährbarkeit, die das Wollen für den Gesamtwillen mit sich führe, wird nicht intellektuell erfaßt, sondern in der emotional ,anschaulichen" Gestalt als Wert. Diese Möglichkeit zu überblicken, ist bei der unendlichen Komplikation der Verhältnisse, die alle dafür bestimmend sind, eine Aufgabe, die vielleicht abgesehen von irgend welchen seltenen Ausnahmen die Kräfte unseres Intellektes übersteigt, und hier, wo er versagt, ist uns im Wertgefühl ein gewiß nicht unfehlbares, aber angesichts der Größe der Aufgabe doch er- staunlich leistungsfähiges Erfassungsmittel gegeben. Müßte man, um festzustellen, ob eine in der Ebene gezogene Linie Kreisgestalt habe, immer erst untersuchen, ob es einen Punkt gebe, von dem alle ihre Punkte gleichen Abstand haben, so strebte man zwar einer sehr exakten Erkenntnis zu, erreichte sie aber nicht, da man dazu un- endlich viele Messungen ausführen müßte (das Nachziehen mit dem Zirkel machte schon von der Anschauung der Kurven Gebrauch); die Anschauung aber gibt uns die Gestalt mit einem Schlage, freilich ungenau und mit den Mängeln anschaulichen Erfassens. Ähnliches leistet das Gefühl es ist, nebenbei bemerkt, aber nicht nur Erfassungsmittel, sondern hat seine Bedeutung für das psychische Leben in sich. Wo wir eine Evidenz für die Richtigkeit unseres Wollens erleben, hat sie ihre Grundlage in einer besonderen Beschaffenheit des Wertgefühls.¹ Durch diese evidenzbegründende - ― - ― ¹ Dieses ist ein „als richtig charakterisiertes Lieben", nach F. Bren- tano, a. a. O. Aber die Evidenz der Richtigkeit ist selbst eine Eigenschaft des Urteils.