65 für B (x) ergibt, und da immer die Möglichkeit aus dem jeweiligen Gesamtaspekte maßgebend ist, wird dann die formale Richtigkeit für das Wollen dieser Bestimmung fehlen.¹ Daher ist auch niemals allgemein und im strengen Sinne gefordert, wenn A (x) zutrifft, B (x) herbeiführen zu wollen. Man könnte eine primäre allgemeine Forderung dadurch zu gewinnen versuchen, daß man in die Voraussetzung neben der Be- stimmung A (x) der Sachlage noch die Bedingung aufnimmt. A (x) sei als Gesamtaspekt oder doch als gesamter maßgebender Aspekt gegeben. Eine solche Forderung wäre z. B die: wenn man eine Aussage mache und ein Umstand, der Aufrichtigkeit verbietet, nicht bekannt sei, aufrichtig auszusagen. Damit hat man aber schon eine Forderung höherer Stufe aufgestellt und den wesentlichen Inhalt der ursprünglichen Maxime, aufrichtig auszusagen, verloren. Denn die neue Maxime, mit ihrer Klausel, besagt streng genommen nicht mehr als etwa die, unaufrichtig auszusagen, wenn kein Gegengrund be- kannt sei. Der Unterschied der bei dieser Fassung verloren geht - ist nur der, daß bei der ersten Maxime nur ausnahmsweise, bei der zweiten aber in der Regel ein entscheidender Gegengrund bekannt ist. Und so ist auch die Bedeutung der Maximen, die in Gestalt allgemeiner primärer Forderungen auftreten, die, daß sie, obzwar wörtlich und streng aufgefaßt falsch, doch, entsprechend ungenau genommen, brauchbare Näherungsformeln oder Regeln sind. Darin haben die besten Gesetze" unrecht, daß sie, was nur Regel sein kann, zum Gesetz machen.2 "" - - Eine solche Regel würde, von allen Wollenden befolgt und in diesem Sinne „wie ein Naturgesetz" geltend zwar mehr rich- tiges als falsches, aber doch auch falsches und gelegentlich formal falsches Wollen zeitigen. Darum gibt es keine einzige primäre For- derung, die als eine Maxime den Anforderungen des Kantischen - - 1 Das „wenn A (x) ist, ist B (x) möglich“ ist eben, das zeigt sich hier wieder, eine irreführende Redensart. A (x) impliziert nicht diese Mög- lichkeit für das Zutreffen von B (x), denn sonst müßte sie in jedem Falle, wo A (x) zutrifft, bestehen und das ist nur dann der Fall, wenn A (x) das B (x) selbst impliziert, daher nur in einem nichtssagenden Sinne auch die Möglichkeit des Zutreffens von B (x). Man darf nur sagen: wenn A (x) zutrifft, besteht relativ zu diesem Umstande die und die Möglichkeit des Zutreffens von B (x); aber diese relative Möglichkeit kann jederzeit durch das Offenbar- werden anderer maßgebender Bestimmungen aufhören, die für unsere Erwartung des Zutreffens von B (x) entscheidende resultierende Möglichkeit zu sein. 2 Die Forderungsbeziehungen der Form Af B, von denen unsere deon- tischen Gesetze (in Kapitel I und II) handeln, sind entweder solche zwischen bestimmten Sachverhalten A impliziert material !B oder sie sind For- derungsbeziehungen zwischen Bestimmungen A (x) impliziert (formal), B (x) solle zutreffen -; dann sind sie, sofern sie tatsächlich bestehen, immer Forderungen höherer Stufe, sonst bloß untatsächliche, etwa als Sinn eines Wollens auftretende, „subjektive", Forderungen. Zu diesen gehören die in Form eines, wenn - so“ gegebenen Gesetze und Maximen primärer Art; ihnen entspricht nur günstigenfalls ein relatives tatsächliches Sollen. - ―― - ―――― 5