12 ständliche Entsprechung vor uns, ein Gegenständliches, das trotz seiner Unanalysierbarkeit doch einer systematischen Erkenntnis ver- hältnismäßig leicht zugänglich ist: das Sollen kann durch Angabe der gesetzmäßigen Beziehungen, die zwischen den Tatbeständen des Sollens bestehen, beschrieben werden. Wir wollen es also unter- nehmen, das Sollen zu erkennen, indem wir die Gesetze des Sollens aufsuchen. Diese werden zugleich Wesensgesetze des richtigen oder vernünftigen Wollens ergeben - eben die deontischen Gesetze —; denn das Wollen ist ja gerade dadurch wesentlich charakterisiert, was sein Sinn ist, und den Gesetzen dieses Sinnes zu genügen, ist seine eigene Wesensgesetzlichkeit. Daß die Erkenntnisse, die wir so gewinnen werden, den Charakter des „Formalen an sich haben, liegt in der Natur der Sache es ist im Falle der logischen Denk- gesetzlichkeit nicht anders. Der Begriff des Sollens - Seinsollens eines Sachverhaltes — ist Grundbegriff der Deontik, und zwar der einzige ihr eigentümliche, d. h. nicht schon der allgemeinen Theorie der Sachverhalte angehörige, den wir einführen. Ist A ein Sachverhalt, so ist „A soll sein“. „es sei A wieder ein Sachverhalt, aber von eigener Art; man kann ihn etwa eine Forderung nennen¹, freilich in einem rein gegen- ständlichen Sinne dieses Wortes, der kein Begehren und keinen Be- gehrenden in Betracht zieht. - Man kann für „A soll sein“ immer setzen, „es gilt (besteht), daß A sein soll", denn eins trifft offenbar nicht ohne das andere zu, und so hat man für die Forderung wieder einen gewöhnlichen, wie man sagen könnte, theoretischen Sachverhalt gesetzt, etwas, was man, urteilend oder bloß annehmend, denken kann, ohne irgend etwas zu wollen. Auf diesen Standpunkt stellt sich den Forderungen gegenüber die Theorie, die sie betrachtet und ihre Gesetze zu erkennen sucht. Die Forderung „A soll sein“, „es sei A", sei ausgedrückt durch !A. Die Theorie wird es mit Implikationen zu tun haben, in denen Forderungen als Glieder auftreten; besonders und zunächst werden Beziehungen in Betracht kommen, wie „wenn A (besteht, zutrifft), so soll B sein“, d. h. „A impliziert, es solle B sein“, also nach unserer Bezeichnungsweise „A ɔ !B". Diese Beziehung sei der Kürze halber ausgesprochen als „A fordert B“ wie man wohl sagt „Schuld fordert Sühne“ und geschrieben „A fB". Es ist kraft dieser Erklärung ― (A ƒ B) = (A ɔ !B). 1 Das „Desiderativ" Meinongs. Vergl. seine grundlegende Arbeit „Über emotionale Präsentation". Sitzungsberichte der kais. Akad. d. Wiss. in Wien, 183. Bd., 2. Abhandlung, Wien, 1917, insbes. §§ 5, 11. 14. 15 und S. 43, den Hinweis auf F. Weber. Vergl. jetzt auch dieses Verfassers Etika, Ljubljana 1923.