11 - vielleicht auch nur in einem dispositionellen Sinn gewollt, die Beziehung, die darin besteht, daß jemand A will, liefert als Um- kehrung: A soll sein. Dem steht nun zunächst der Umstand gegen- über, daß wir in vielen Fällen von Sollen in einiger Verlegenheit sein werden, das Subjekt oder die Subjekte des zugehörigen Wollens anzugeben. Aber entscheidender ist, daß der Unbefangene gerade in diesen Fällen und dazu gehören die wichtigsten, die des ethischen Sollens ein solches Subjekt gar nicht vermißt, weil er an ein Wollen und einen Wollenden dabei überhaupt nicht denkt.2 Ist die naive Auffassung hier im Rechte, so wird durchaus nicht jedem Sollen ein Wollen entsprechen. Aber auch umgekehrt, nicht jedem Wollen ein tatsächliches Sollen. Diese Auffassung, die auch beim theoretisch anders Denkenden sich bemerkenswerterweise im Ernst- falle immer wieder durchsetzt, unterscheidet die Fälle, wo bloß im Sinne eines Wollenden etwas sein soll, von dem, wo es tat- sächlich sein soll, und dann schlechtweg sein soll, ohne Rücksicht auf irgend ein Wollen. Wenn ich von einem Menschen eine Arbeit verlange, soll er sie im Sinne meines Wollens leisten; ob er sie auch tatsächlich leisten soll, ist dadurch noch nicht entschieden. Hat er nun einen Vertrag mit mir geschlossen und die Arbeit über- nommen und die Bedingungen des Vertrages treffen zu, so soll er sie leisten und kein Wille ist, der dieses Sollen schaffen kann, jeder Wille ,des Gesetzes", des Staates, der Allgemeinheit, einer Gott- heit der es will, ist diesem Sollen nur gemäß, entspricht ihm und wird ihm in gewissem Sinne gerecht, ist aber gänzlich unbeteiligt an seinem Bestande. Ähnlich wie ein Akt des Erkennens einer Tatsache in seiner Weise gerecht wird, sie aber nicht schafft oder konstituiert. Berechtigtem Wollen steht ein Sollen gegenüber, das tatsächlich ist; unberechtigtes Wollen geht auch auf ein Sollen. es ist ja nicht sinnlos, es hat auch den Sinn, daß etwas sein solle aber es geht auf ein Sollen, das nirgends vertatsächlicht ist, d. h. zu dem es keinen Fall gibt, wo es tatsächlich bestünde so wie ein falsches Urteil auf einen Sachverhalt geht, der nicht Tatsache ist. " 9 ; Unser Unternehmen, die Eigentümlichkeit des begehrenden Stellungnehmens zu den Gegenständen zu beschreiben, hat uns auf den Sinn des Wollens und damit auf das Sollen geführt. Freilich ist so ein Unzurückführbares durch ein anderes, ebenso Unzurück- führbares gekennzeichnet. Trotzdem wird dieser Schritt nicht ohne Gewinn sein. Denn jetzt haben wir statt des Psychischen, das bei aller „Gegebenheit" so eigentümlich ungreifbar bleibt, seine gegen- - 4.AN - ― - 1 Diesen Gedanken vertritt und entwickelt, von F. Brentano aus- gehend, K. Wolff in seiner Grundlehre des Sollens, Innsbruck, 1924. Hier ist die wesentliche Bedeutung des Dispositionellen für den Tatbestand sub- jektiven Sollens in dankenswerter Weise zur Geltung gebracht. 2 Vgl. A. Meinong, Zur Grundlegung der allgemeinen Werttheorie, herausgegeben von E. Mally, Graz, 1923, S. 145f.